Freilebende Wisente: Vertragskündigung zulässig?

Stand: 05.10.2022, 15:38 Uhr

Das Wisent-Projekt am Rothaarsteig soll beendet werden. Der Trägerverein hatte den Vertrag gekündigt und sieht diesen Schritt als zulässig. Jetzt geht es um die Frage: Was passiert mit den Tieren?

Der Wisent-Verein hält seine vorzeitige Vertragskündigung nach wie vor für rechtmäßig. Der Verein hatte den Vertrag Anfang vergangener Woche gekündigt, weil es mit einigen Vertragspartnern, insbesondere dem Kreis Siegen-Wittgenstein und der Bezirksregierung Arnsberg, kein Einvernehmen über die Zukunft der Tiere gab.

Wisente an Land NRW abgetreten

Mit der Kündigung hat der Verein unter anderem auch das Eigentum an den aktuell etwa 25 freilebenden Tieren in Wittgenstein an das Land NRW abgetreten. Der Kreis und die Bezirksregierung Arnsberg hatten die Kündigung als unzulässig zurückgewiesen. Der Verein wolle damit die Verantwortung auf die öffentliche Hand abwälzen.

Vertragskündigung zulässig?

Rechtsanwalt Rüdiger Nebelsieck, der den Wisent-Verein berät und vertritt, unterstreicht: "Die Kündigung von öffentlich-rechtlichen Verträgen ist nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz in bestimmten Fällen bei veränderten Verhältnissen zulässig.

Das ist hier der Fall, weil die Zwecke der Freisetzungsphase nach der rechtskräftigen Auffassung der Gerichte schon seit langem erreicht sind. Wegen der angedrohten Zwangsvollstreckung aus den Urteilen ist dem Verein eine Fortführung des Vertrages nicht mehr zumutbar." Auch die Aufgabe des Eigentums an den Tieren sei statthaft.

Verein will keine weiteren Aufgaben übernehmen

Der Wisent-Verein weist ebenso die Forderung von Kreis und Bezirksregierung zurück, weiterhin Managementaufgaben für die frei lebende Herde zu erbringen. Der Trägerverein betont:

"Nach der Aufgabe des Eigentums an Tieren gehören sie niemandem mehr und sind herrenlos." Trägerverein Wisent-Welt-Wittgenstein e.V.

"Damit enden auch die Verantwortlichkeit und Zuständigkeit des Vereins. Die Tiere fallen nun unter das strenge Artenschutzrecht. Damit hat der Verein keine rechtlichen Befugnisse, die geforderten Managementaufgaben zu erbringen." Diese würden nun in die Zuständigkeit der Naturschutzbehörden fallen.

Der Naturschutzbund NABU fordert von der Landesregierung, das Projekt fortzusetzen. Die Tiere nähmen eine Schlüsselposition im Ökosystem Wald ein und stünden unter strengem Naturschutz. Darum gebe es keinen Grund, sie zu fangen oder gar zu töten. Allerdings müssten Möglichkeiten gefunden werden, die Tiere zu lenken und von den Wäldern der Schmallenberger Waldbauern fernzuhalten.

Die beiden Schmallenberger Waldbauern, die erfolgreich wegen der Art der Haltung der Wisente geklagt hatten, befürchten nun, dass die Tiere in diesem Winter ihre Bäume beschädigen. Sollte dies passieren, drohen die Bauern dem Verein mit fünfstelligen Zwangsgeldern. Wer für etwaige Schäden haftet, wird gerichtlich zu klären sein.