Die Pflege steckt in der Krise. Immer weniger Pflegende müssen sich in Zukunft um immer mehr Pflegebedürftige kümmern. Wie man diesen Spagat bewältigen kann, damit beschäftigen sich Forschende am Bielefelder Institut für Pflegewissenschaften. Doch plötzlich steht die Forschungseinrichtung an der Uni Bielefeld vor dem Aus.
Das Land streicht die Fördergelder
Das NRW-Sozialministerium hat dem Institut kürzlich mitgeteilt, dass das Land die Fördermittel streichen wird – zuletzt 450.000 Euro pro Jahr. Nach 29 Jahren. Zu Begründung teilte das Ministerium mit, es sei nicht Aufgabe des Sozialministeriums, wissenschaftliche Institute zu fördern.
Der plötzliche Sinneswandel hat seinen Grund: Das Land steckt in einer schweren Haushaltskrise und muss sparen. Die Uni Bielefeld wiederum verkündete, ohne den Landeszuschuss müsse das Institut geschlossen werden.
Bielefelder Institut für Pflegewissenschaften vor dem Aus
Lokalzeit OWL. 03.06.2024. 02:40 Min.. Verfügbar bis 03.06.2026. WDR. Von Theo Knepper.
Experten und Politiker wollen die Schließung abwenden
In einer ersten Reaktion wandten sich Politiker und Pflegeexperten an die Mitglieder des Gesundheitsausschusses im Landtag. Es gebe einen „erheblichen Bedarf an wissenschaftlicher Unterstützung bei der Suche nach innovativen, erfolgreichen und nachhaltigen Lösungen für bedürfnisgerechte Pflege“, heißt es.
Der pflegepolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag, Thorsten Klute, warf der Regierung daraufhin vor, wahllos zu sparen. Die Zahl der Pflegebedürftigen wachse rasant. Deshalb brauche es nicht weniger, sondern mehr wissenschaftliche Unterstützung bei der Suche nach geeigneten Pflegestrukturen.
Bundesweites Renomée
Das Evangelische Johanneswerk in Bielefeld
Das Pflegeinstitut sei seit drei Jahren Innovationsführer, sagt auch der Herforder Bürgermeister Tim Kähler. So hätten die Forschenden den Begriff der Pflegebedürftigkeit definiert – bundesweit die Grundlage für die Zahlung von Pflegegeld.
Andere loben die enge Verzahnung wissenschaftlicher Forschung mit der Praxis. Das Evangelische Johanneswerk etwa zählt zu den größten Anbietern von ambulanten und stationären Pflegeleistungen in NRW.
Früher mussten die Mitarbeitenden stundenlang Nachweise über die Pflege ihrer Patienten schreiben – für die Pflege selbst blieb immer weniger Zeit. Das Pflegeinstitut habe bundesweit akzeptierte Abrechnungsgrundlagen geschaffen und zu einer erheblichen Entlastung der Pflegekräfte beigetragen, sagt Vorstand Bodo de Vries.
Landtag entscheidet
Endgültig entschieden ist das Aus des Instituts für Pflegewissenschaften noch nicht. Die Leitung der Bielefelder Uni will sich bei NRW-Gesundheitsminister Laumann noch einmal persönlich für den Erhalt einsetzen.
Vielleicht habe der frühere Pflegebeauftragte der Bundesregierung ja ein Einsehen, so die Hoffnung. Am Ende aber wird der Landtag entscheiden, ob man sich das Institut für Pflegewissenschaften in NRW noch leisten will.
Unsere Quellen:
- WDR-Reporter vor Ort
- Universität Bielefeld