Volles Haus beim Stadtgespräch: Die Kulturfabrik in Vlotho war bis auf den letzten Platz besetzt. Das milliardenschwere Projekt bewegt die Menschen. Die Deutsche Bahn will mit einer Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Bielefeld und Hannover das Zugfahren schneller und attraktiver machen.
Massive Kritik wegen Umweltauswirkungen
Doch der Bau einer neuen Trasse quer durch die Region ist mit erheblichen Eingriffen in die Natur und Umwelt verbunden. Orte werden durchschnitten, die Landschaft zerstückelt, Landwirte sehen die Existenz ihrer Höfe bedroht, so die Kritik.
Das Publikum wies außerdem auf den CO2-Ausstoß beim Bau von Brücken und Tunneln hin und forderte mehrfach den Ausbau der bestehenden Strecke anstelle eines Neubaus.
Schnellere Fahrzeit nur mit Neubau
Moderator Stefan Leiwen befragt das Publikum.
Doch der Ausbau ist wohl vom Tisch, verdeutlichte Moderatorin Judith Schulte-Loh. Das Bundesverkehrsministerium will die Fahrzeit zwischen Bielefeld und Hannover auf 31 Minuten verkürzen. Diese Zeitvorgabe ist aber nur mit einer neuen Trasse erreichbar.
Das strikte Festhalten an den 31 Minuten macht Bürgerinnen und Bürger wütend und brachte Ende Januar eine Veranstaltung des Bürgerdialogs mit der Bahn zum Platzen.
Ein solcher Dialog sei „unaufrichtig“, so auch das Publikum beim Stadtgespräch, das immer wieder lautstark dafür plädierte, das „Korsett“ der 31 Minuten zu überdenken. Sonst sei jede weitere Diskussion sinnlos, sagte der Bürgermeister von Vlotho, Rocco Wilken.
Deutschlandtakt soll Bahn attraktiver machen
Staatssekretär Michael Theurer ist aus Berlin zugeschaltet.
Michael Theurer, Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, und Ingrid Felipe, Vorständin der DB Netz AG, verteidigten die 31 Minuten. Nur so sei der Deutschlandtakt zu verwirklichen. Dieser bundesweit abgestimmte Fahrplan soll die Bahn attraktiver machen, mehr Menschen und Güter auf die Schiene bringen.
Die ICE-Strecke von Köln über Bielefeld nach Hannover könne dabei als wichtige Ost-West-Verbindungen nicht außen vor gelassen werden. Allerdings ist laut Felipe ein Ausbau bis zu 50 Prozent im Bestand denkbar, Staatssekretär Theurer sprach von bis zu 80 Prozent.
Wie gelingt die Mobilitätswende?
Die Mobilitätswende voranbringen - das wollen viele Menschen in Ostwestfalen-Lippe. Die Frage ist nur, wie? Michelle Niemeyer, junge SPD-Kommunalpolitikerin, wünscht sich einen besseren und günstigeren ÖPNV in der Fläche. Die Baukosten für die ICE-Schnellstrecke lägen bereits bei bis zu zehn Milliarden Euro – viel Geld, mit dem auch der Regionalverkehr verbessert werden könnte.
Vereinbart wurde, im Gespräch zu bleiben
Kerstin Haarmann, Bundesvorsitzende des Verkehrsclub Deutschland, war an dem Abend eine Vermittlerin. Sie sprach sich für mehr Kompromissbereitschaft, Transparenz und Flexibilität aus.
Kerstin Haarmann vom VCD und Bürgermeister Rocco Wilken.
Eins wurde mit dem WDR 5 Stadtgespräch immerhin erreicht: Staatssekretär Theurer will OWL besuchen und im Gespräch bleiben, Bürgermeister Rocco Wilken ist im Gegenzug mit einer Delegation nach Berlin eingeladen. Doch die Fragen des Abends bleiben: Wie ergebnisoffen sind künftige Gespräche? Und was ist mit den 31 Minuten Fahrzeit?