Eigentlich ist Ursula Gerber Leiterin eines Lohnsteuerhilfevereins. Aber wenn sie das Büro verlässt, ist sie in Bereitschaft – für die Rettungshundestaffel der Feuerwehr Siegen. Dabei kann der Alarm auf ihrem Handy jederzeit losgehen. Dann weiß sie, dass ein Mensch vermisst wird. Und diesen versucht sie zu finden.
Frau Gerber, Sie suchen vermisste Menschen. Haben Sie sich je daran gewöhnt oder wie gehen sie damit um, wenn ein Einsatz ansteht?
Ursula Gerber: Ich habe mich in den sieben Jahren, in denen ich das jetzt mache, nie an das Gefühl gewöhnt. Das Handy klingelt meist in der Nacht und dann schießt das Adrenalin hoch. "Okay, ich muss jetzt los. Was muss ich alles mitnehmen, was darf ich nicht vergessen?" Bis zum Zielort haben wir dann aber oft genug Zeit, uns mit dem Fall vertraut zu machen.
Sie waren auch an der Suche im Fall der 12-jährigen Luise in Freudenberg mit ihrem Hund beteiligt. Wie war das?
Ursula Gerber: Während des Einsatzes funktioniere ich einfach nur. Aber wenn ein Kind vermisst wird, ist es besonders schlimm. Ich war nicht diejenige, die Luise gefunden hat, trotzdem hat mich dieser Fall mental am meisten gefordert. Auch weil ich selbst in der Gegend lebe. Und durch die Berichterstattung der Medien war es im Nachhinein lange nicht möglich, damit abzuschießen. Bekannte haben mich plötzlich im Fernsehen gesehen. Selbst auf dem Wochenmarkt wurde ich angesprochen. Dabei wollte ich nicht darüber sprechen.
Gibt es bei Fällen wie diesen psychologische Unterstützung?
Ursula Gerber: Ja. Durch die psychosoziale Unterstützung, kurz PSU. Und die ist wirklich gut. Hier haben wir die Möglichkeit, Fälle, die uns mental besonders fordern, aufzuarbeiten. Außerdem haben wir ein sehr gut funktionierendes Team. Wir besprechen jeden Fall im Nachhinein noch einmal. Heute habe ich auch den Fall Luise weitestgehend verarbeitet. Und ich arbeite nach wie vor gerne bei der Hunderettungsstaffel.
Was reizt Sie an der der Rettungshundestaffel?
Ursula Gerber: Das Ehrenamt ist für mich ein Ausgleich zu meiner eigentlichen Arbeit beim Lohnsteuerhilfeverein. Mit der Rettungshundestaffel können wir Menschen helfen. Und wenn man so etwas macht, dann lebt man das auch. Dann sollte man dem auch eine Bühne geben, finde ich.
Wie sind Sie zum Ehrenamt bei der Rettungshundestaffel gekommen?
Ursula Gerber: Ich bin 2016 aus dem Ahrtal zurück ins Siegerland gezogen und wollte meinen Golden Retriever "Toady" beschäftigen. 2013 habe ich ihn für die Jagd ausgebildet. Aber da meine Schwester die Rettungshundestaffel in Siegen leitet, habe ich es damit probiert. Da geht es schließlich auch ums Suchen – wie bei der Jagd. Dem Hund und mir hat es Spaß gemacht. Und wir sind dabei geblieben.
Wie lange dauert es, bis ein Hund bereit für den Einsatz ist?
Ursula Gerber: Das kommt natürlich auf den Hund an. Aber meist sind zwei bis drei Jahre Training nötig. Wir geben den Hunden Aufgaben. Sehr spielerisch lernen sie, dass Menschen zu finden etwas Tolles ist. Wir fangen mit leichten Übungen an. Dann wird es immer schwerer. Schließlich müssen die Hunde im Einsatz zum Beispiel auch einen Menschen im Keller eines Industriegebiets finden.