Bundesverdienstkreuz für den Kampf gegen Werkverträge in der Fleischbranche
Lokalzeit OWL. 28.02.2024. 04:00 Min.. Verfügbar bis 28.02.2026. WDR. Von Kolja Selker.
Bundesverdienstkreuz für Kampf gegen Werkverträge in der Fleischbranche
Stand: 29.02.2024, 06:36 Uhr
Inge Bultschnieder aus Rheda-Wiedenbrück hat sich seit 2012 dafür eingesetzt, die Arbeitsbedingungen von Menschen zu verbessern. Vor allem für Angestellte bei Subunternehmern in der Fleischbranche. Dafür hat sie am Mittwoch das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen bekommen.
Von Kolja Selker
2012 muss Inge Bultschnieder ins Krankenhaus. In ihrem Zimmer lernt sie eine andere Patientin kennen, Katya Antonova. Die zerlegt damals beim Fleisch-Produzenten Tönnies in Rheda-Wiedenbrück Fleisch - als Angestellte eines Subunternehmers.
Die Leiharbeiterin erzählt von Akkordarbeit, bis zu 15 Stunden. Stundenlohn: 4,50 Euro. Verschimmelte Massenunterkünfte, für die die Leiharbeiter an ihre Subunternehmer viel zu viel bezahlen müssen. Inge Bultschnieder erkennt: Sie muss diesen Menschen helfen. Sonst tut es ja niemand.
Öffentlicher Druck bewegt etwas
Hat das Bundesverdienstkreuz bekommen: Inge Bultschnieder
Inge Bultschnieder gründet die Interessengemeinschaft WerkFAIRträge. Sie und andere Ehrenamtliche organisieren Demos und Diskussionsveranstaltungen, sprechen immer wieder mit Journalisten und Politikern. Und weisen immer wieder auf die Missstände in der Fleischbranche hin.
2021 kommt, auch dank der mittlerweile öffentlichen Aufmerksamkeit für das Thema, das Arbeitsschutzkontrollgesetz. Fleischunternehmen müssen seitdem viele der Fleischbearbeiter direkt anstellen - bei Tönnies in Rheda-Wiedenbrück mehrere Tausend.
Späte Wertschätzung
Der Betrieb von Tönnies in Rheda-Wiedenbrück
Die Arbeitsbedingungen bei Tönnies hat Bultschnieder wiederholt kritisiert. Trotzdem sagt das Unternehmen jetzt zur Verleihung des Bundesdienstkreuzes: "Inge Bultschnieder hat (...) sich für die Menschen eingesetzt, die in Rheda-Wiedenbrück nicht so einfach Fuß gefasst haben wie andere."
Tönnies weiter: "Sie hat mit ihren Impulsen dazu beigetragen, dass gesetzliche Leitplanken branchenweit einheitlich und klarer geregelt wurden."
Steiniger Weg
Inge Bultschnieder will weiter kämpfen
Der Weg bis heute war steinig. Mehrere angedrohte Unterlassungsklagen, immer mehr Betroffene, die bei Inge Bultschnieder um Hilfe baten, explizite Drohungen an ihrer Haustür durch ungebetene Besucher. Unfassbar anstrengend. Die 51-Jährige sagt trotzdem: Sie würde sich wieder dafür entscheiden, zu helfen.
Unsere Quellen:
- Inge Bultschnieder
- Katya Antonova
- Kreis Gütersloh
- Fleischproduzent Tönnies
- WDR-Reporter vor Ort