Eine Wand mit einem Schild auf dem "Nach Bielefeld 4km" steht.

Angekommen: Persönliche Migrationsgeschichten im Museum

Stand: 03.02.2023, 11:57 Uhr

Seit den 1950er-Jahren zogen Millionen Menschen über Anwerbeabkommen nach Deutschland. In Bielefeld beleuchtet eine neue Ausstellung, wie die Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter ihr Ankommen erlebt haben und präsentiert persönliche Geschichten.

"Natürlich war ich aufgeregt", erinnert sich Vassilios Koletsis an die Gelegenheit ins Ausland zu gehen: "Dann hat es in den Nachrichten auf einmal geheißen, dass in Deutschland viele Arbeiter gebraucht werden!" 1963 war das – vor 60 Jahren. Koletsis entschied sich dafür nach Deutschland zu gehen und arbeitete zunächst auf dem Bau.

Eigentlich wollte Koletsis – so schildert er es im Video der Ausstellung – nur für eine bestimmte Zeit zum Arbeiten nach Deutschland kommen: "Natürlich wollte ich immer nach Hause gehen, nach Griechenland, aber ich bin hiergeblieben!"

Historisches Museum präsentiert Migrationsgeschichten

Die Geschichte vom griechischen Gastarbeiter Koletsis ist eine von acht Migrationsgeschichten, die ab sofort als Video im Historischen Museum in Bielefeld zu sehen sind.

Menschen aus der Türkei, dem Libanon oder der Ukraine erzählen von ihrem Weg und dem Ankommen in Deutschland. So ergibt sich ein Bild vom Leben der Gastarbeiter-Generation, die in den 1950er und 1960er Jahren nach Deutschland kam und dabei auch auf Vorbehalte oder Ablehnung stieß.

Persönliche Einblicke vor grauer Statistik

Ausgestellt werden zudem persönliche Gegenstände der Protagonisten und Protagonistinnen: alte Fotos, eine Retro-Sitzgarnitur einer Eisdiele oder Arbeitskleidung. Durch diese persönlichen Einblicke will das Museum Geschichte erlebbar und die Folgen politischer Entscheidungen greifbar machen.

Der Innenraum der Aussetllung, es stehen Figuren in der Ecke, in der Mitte befinden sich Straßenlampen.

"Der Kerngedanke dieser Ausstellung war ursprünglich, die Gastarbeit in den Mittelpunkt zu stellen. Wir haben dann aber schnell gemerkt, dass das zu kurz greift und dass wir auch andere Themen der Zuwanderung ansprechen wollen", sagt Christian Möller vom Historischen Museum Bielefeld. Themen wie Fachkräftemangel und Flucht seien heute aktueller denn je.

Das Konzept hat das Historische Museum zusammen mit dem Integrationsrat der Stadt erarbeitet. In Bielefeld hat laut den Veranstaltern mehr als ein Drittel der Menschen einen Migrationshintergrund. Möller betont: "Die Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter hatten zunächst einen sehr schweren Stand, es geht auch ein stückweit darum, deren Lebensleistung zu würdigen."

Im Erzählcafé kommen weitere Migrationsgeschichten hinzu

1969 machte Vassilios Koletsis das erste Mal wieder Heimaturlaub. In Griechenland lernte er dabei seine spätere Frau kennen. Später zog sie zu ihm nach Deutschland. Auch sie fand Arbeit in Bielefeld, wo die beiden heute gemeinsam leben. Seinen Enkeln möchte er jetzt ein Vorbild sein und zeigen: "Guck mal, was ich heute geschafft habe, mit meiner Arbeit, mit meinen Ersparnissen!"

Zwei Männer sitzen sich gegenüber und reden.

Während der Ausstellung können weitere solcher Migrationsgeschichten hinzukommen. Zum Konzept gehört auch ein Café, indem Migrantinnen und Migranten von ihrem Weg berichten und persönliche Gegenstände übergeben können.

Ausstellung läuft noch bis Anfang August

Das Museum hofft so möglichst viele Menschen zu erreichen. Die Informationen werden darum in neun Sprachen angeboten. Die Ausstellung „Angekommen. Meiner neuer Lebensmittelpunkt Bielefeld“ läuft bis zum 6. August 2023.

Über dieses Thema berichtet die Lokalzeit OWL am Freitag um 19.30 Uhr.