Neue Sicherheitskonzepte nach Solingen
Aktuelle Stunde . 31.08.2024. 33:46 Min.. Verfügbar bis 31.08.2026. WDR. Von Meike Hendriksen.
Erhöhte Sicherheit bei NRW-Stadtfesten
Stand: 31.08.2024, 09:23 Uhr
Eine Woche ist der Messerangriff von Solingen nun her, noch immer liegt ein Schatten über NRW. Dennoch gibt es an diesem Wochenende vielerorts Stadtfeste - mit verschärften Sicherheitsvorkehrungen und großer Vorsicht.
Von Lukas Fegers und Jörn Seidel
Siegen hatte sich gewappnet. Für das Fest an diesem Wochenende zu ihrem 800-jährigen Bestehen hatte die Stadt die Sicherheitsvorkehrungen deutlich erhöht. Hintergrund ist der Messeranschlag in Solingen vor einer Woche. Trotzdem kam es am Freitagabend in Siegen zu einem Messerangriff mit Verletzten.
Messerangreiferin verletzt Fahrgäste im Bus zum Stadtfest
Bürgermeister Steffen Mues
Gegen 19.40 Uhr griff eine 32-jährige Deutsche in einem Shuttle-Bus auf dem Weg zum Siegener Stadtfest mehrere Fahrgäste an - sechs wurden verletzt, teils lebensgefährlich. Die Polizei geht nicht von einem Terrorakt aus. Stattdessen gebe es Hinweise, dass die festgenommene Tatverdächtige psychisch krank ist. Der Schock sitzt tief. Siegens Bürgermeister Steffen Mues (CDU) spricht von "absoluter Fassungslosigkeit". Trotzdem soll das Stadtfest stattfinden.
Schon am Montag, drei Tage nach dem Anschlag in Solingen, hatte Mues gesagt: "Wir tun alles, damit es ein sicheres und schönes Stadtfest für unsere Bürgerinnen und Bürger wird." Und weiter:
Statt einer Absage strebe man "das höchste Sicherheitsniveau an, das möglich ist", so Mues.
Mehr Videoüberwachung und ein Messerverbot
Auf dem Fest gibt es Höhepunkte wie eine Jugendmeile in der Unterstadt, ein Familienprogramm im Schlosspark und die Geburtstagsshow auf dem Platz des Unteren Schlosses. Dabei gibt es nun mehr Sicherheitspersonal als ursprünglich geplant, mehr Videoüberwachung und auch ein Messerverbot. Das erklärte Organisatorin Astrid Schneider am Freitagmorgen im WDR-Interview.
Erhöhte Sicherheitsvorkehrungen auf bei anderen Festen
Nach der Tat von Solingen hatte die Ampel-Koalition am Donnerstag beschlossen, das Waffenrecht zu verschärfen. Für Volksfeste soll künftig ein absolutes Messerverbot gelten. Siegen ist nur ein Beispiel vieler Städte in NRW, die diese Sicherheitsmaßnahme schon anwenden.
Auch bei der Herbstkirmes in Wermelskirchen, die bis Mittwoch dauerte, gab es schon ein Messerverbot. Beim "Mega-Wochenende" in Remscheid von Freitag bis Sonntag sind die Sicherheitsvorkehrungen ebenfalls verschärft. Dort wurde am Einlass ein Metalldetektor aufgebaut.
Dort gibt es weniger Eingangsschleusen, das Veranstaltungsgelände ist nicht mit dem Auto erreichbar - und das Remscheider Sicherheitspersonal wurde angewiesen, jeden Besucher sorgfältig auf gefährliche Gegenstände abzutasten.
Stadtfeste auch in vielen anderen NRW-Städten
Beim Heimatfest in Haltern am See, seit über 40 Jahren ein fester Termin im Kalender, wurde nach dem Messerangriff von Solingen die Absage kurz diskutiert. Das sagte Jörg Bröker vom Haltener Stadtmarketing dem WDR.
Letztlich wurde sich jedoch dagegen entschieden, denn die Organisatoren "haben ein erprobtes Sicherheitskonzept", so Bröker. So findet das Fest in Haltern an diesem Wochenende statt - ebenso wie in vielen anderen NRW-Städten.
Vorbereitungen für Bonner Pützchens Markt auf Hochtouren
In Bonn laufen derweil die Vorbereitungen für den Pützchens Markt, der vom 6. bis 10. September auf dem Plan steht. Auch hier gibt es ein verschärftes Sicherheitskonzept.
An Ständen dürfen keine Messer verkauft werden, zudem werden deutlich mehr Polizisten und Mitarbeitende des Stadtordnungsdienstes im Einsatz sein. Außerdem sollen Diensthundeführer und Zivil-Fahnder Streife gehen, wie der Bonner Polizeipräsident Frank Hoever erklärte.
Bonns OB Katja Dörner
Der Schock über das Solinger Attentat ist auch in der alten Bundeshauptstadt weiter groß, unter anderem bei Oberbürgermeisterin Katja Dörner (Grüne). Dass das Sicherheitskonzept greife, darüber ist die Zuversicht allerdings groß.
NRW-Innenminister Reul: Völlige Sicherheit nicht möglich
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU)
Allen ist klar: Eine hundertprozentige Sicherheit lässt sich nicht gewährleisten. Das führt auch der Messerangriff in Siegen noch einmal vor Augen, den selbst erhöhte Sicherheitsvorkehrungen nicht verhindern konnten. Aber was ist die Alternative?, fragte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) schon am Tag nach dem Attentat von Solingen im WDR-Interview:
"Das ist nicht meine Vorstellung von der Gesellschaft", so Reul weiter. "Wir können uns jetzt nicht alle zu Hause einschließen. Das Leben muss weitergehen."
Unsere Quellen:
- WDR-Interview mit Astrid Schneider (Organisatorin Stadtfest Siegen)
- WDR-Reporter am Freitag nach dem Messerangriff vor Ort in Siegen
- WDR-Interview mit Jörg Bröker (Haltern Stadtmarketing)
- Website des Siegener Stadtfestes
- Website des Haltener Heimatfestes
- Nachrichtenagentur dpa
- WDR-Interview mit NRW-Innenminister Herbert Reul