Geschenktes Geld: Münsteranerin testet bedingungsloses Grundeinkommen

Lokalzeit OWL 18.07.2024 02:31 Min. Verfügbar bis 18.07.2026 WDR Von Petra Brönstrup

Geschenktes Geld: Münsteranerin testet bedingungsloses Grundeinkommen

Stand: 19.07.2024, 07:00 Uhr

Samira Korves aus Münster hat drei Jahre lang jeden Monat 1.200 Euro bekommen, ohne dafür etwas leisten zu müssen. Als Testperson.

Von Petra Brönstrup

Die 31-Jährige Münsteranerin ist eine von bundesweit 122 jungen Leuten, die das sogenannte bedingungslose Grundeinkommen testen durfte: im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie. Die Initiative für diese Studie ging vom Verein "Mein Grundeinkommen" aus. Der wollte wissen, was ein bedingungsloses Grundeinkommen bewirken kann, für den Einzelnen und die Gesellschaft insgesamt.

Zwei Millionen Menschen hatten sich beworben

Samira Korves erinnert sich noch gut an den Tag, als sie die Nachricht erhielt, dass sie teilnehmen darf. "Ich habe die E-Mail immer und immer wieder gelesen, ich konnte es einfach nicht glauben." Zwei Millionen Menschen bundesweit hatten sich beworben und Samira Korves gehörte zu den Auserwählten. Das war 2021, mitten in der Corona-Krise.

Die ausgebildete Sport- und Gymnastiklehrerin war gerade dabei, sich mit einer eigenen Schwimmschule für Kinder selbständig zu machen. Doch im Lock-Down durfte sie keine Kurse anbieten, der Betrieb stand still. "Wir durften nichts machen, wir hatten keinerlei Einnahmen", erinnert sich die Münsteranerin.

Geldsegen in der Not

In dieser Situation war das bedingungslose Grundeinkommen im wahrsten Sinne des Wortes ein Geldsegen: drei Jahre lang jeden Monat 1.200 Euro aufs Konto, bedingungslos, ohne dafür etwas leisten zu müssen. Bis auf das Ausfüllen von Fragebögen alle paar Monate, für die wissenschaftliche Auswertung.

Samira Korves hat die Teilnahme an der Studie und die damit verbundenen regelmäßigen Geldzahlungen als ihre große Chance begriffen. Als der Corona-Lockdown beendet war und sie wieder Schwimmkurse für Kinder durchführen durfte, hat die Münsteranerin Gas gegeben.

"Ohne das Geld wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin"

Tauchringe am beckenrand

Von dem Geld konnte sie neues Equipment für ihre Schwimmschule anschaffen.

Sie hat mit dem Geld Material wie Schwimmscheiben, Tauchringe, Matten und Wasserspielzeug angeschafft, neue Kursangebote entwickelt, Mitarbeiterinnen eingestellt. "2021 war ich allein und hatte 20 Kurse mit etwas mehr als 100 Teilnehmern. Mittlerweile sind wir 15 Leute im Team und wir haben über 700 Kinder und Erwachsene, die bei uns Schwimmen lernen und Sport machen."

Die 31-Jährige ist froh und dankbar, dass sie an der Studie zum bedingungslosen Grundeinkommen teilnehmen durfte. "Ohne das Geld wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin", sagt die Unternehmerin. Seit Juni bekommen Samira Korves und die anderen Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer kein Geld mehr, die Phase der Auszahlung ist beendet.

Wissenschaftliche Auswertung läuft

Aktuell werten Wissenschaftler aus Wirtschafts-, Sozial- und psychologischer Forschung die Ergebnisse aus. Dabei schauen sie, wie das bedingungslose Grundeinkommen das Leben der 122 Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer verändert hat.

Aber sie schauen auch auf die Vergleichsgruppe: 1.380 Frauen und Männer, die ebenfalls für die Studie ausgewählt wurden, die aber kein Geld bekommen haben. Was haben die in den vergangenen drei Jahren aus ihrem Leben gemacht?

Studienleiter Jürgen Schupp vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung ist sehr gespannt auf die Ergebnisse. Er hofft, dass sich damit die sehr kontrovers geführte Debatte über das bedingungslose Grundeinkommen versachlicht. Dass ein solches bedingungsloses Grundeinkommen in Deutschland eingeführt wird, glaubt Schupp nicht. "Politik und Gesellschaft sind weit davon entfernt", meint Schupp.

Unsere Quellen:

  • WDR-Reporterin vor Ort
  • Verein "Mein Grundeinkommen"
  • Projektleiter Prof. Jürgen Schupp