Kimmich und die Diskussion um den Totimpfstoff

Stand: 25.10.2021, 15:09 Uhr

Manche Ungeimpfte begründen ihre Entscheidung mit dem bislang fehlenden Totimpfstoff. Doch bis dieser hier auf dem Markt ist, wird es noch eine Weile dauern.

Die Worte von Bayern-Profi Joshua Kimmich hallen auch noch nach zwei Tagen vielen im Ohr: Er sei kein "Corona-Leugner", habe aber "Bedenken" in Bezug auf fehlende Langzeitstudien und sei deshalb noch nicht gegen das Virus geimpft. Experten widerlegten Kimmichs Einwände zwar umgehend als unbegründet, doch die Diskussion nahm schnell Fahrt auf.

Zumal Kimmich weiter äußerte, dass sich seine Einstellung bezüglich einer Impfung bald ändern könne. Ob er auf die Zulassung eines Totimpfstoffes wartet? Laut Medienberichten, die sich auf Mannschaftskreise beziehen, sei dies bei ihm der Fall.

Mit dieser Haltung wäre Kimmich nicht alleine. Auch der österreichische Tennisspieler Dominic Thiem hatte vor zwei Wochen gesagt, dass er noch nicht geimpft sei, weil er auf einen Totimpfstoff warte. Wie viele der Menschen, die derzeit trotz verfügbarer Impfstoffe noch nicht geimpft sind, eine ähnliche Haltung haben, ist nicht klar.

Totimpfstoffe verwenden abgetötete Erreger

Im Unterschied zu den bislang in Deutschland erhältlichen mRNA- und Vektorimpfstoffen werden bei Totimpfstoffen abgetötete Krankheitserreger bzw. Bestandteile der Erreger verimpft. Viele der hierzulande schon länger bekannten und bewährten Impfstoffe wie die gegen Polio, Tetanus, Diphterie oder Tollwut basieren auf dieser Methode.

Das heißt aber nicht im Umkehrschluss, dass das System der mRNA- und Vektorimpfstoffe riskanter oder weniger wirksam sei. So ist die mRNA-Technologie seit 30 Jahren bekannt und wird schon länger bei Krebstherapien eingesetzt. Auch zeigen die bisherigen Ergebnisse der Corona-Impfkampagne mit mRNA- und Vektorimpfstoffen laut RKI und Ständiger Impfkommission keine Auffälligkeiten oder erhöhten Risiken, was die Sicherheit angeht.

Wirkverstärker sind notwendig

Totimpfstoffe lassen sich relativ schnell in großen Mengen herstellen und gut lagern. Auch werden sie in der Regel gut vertragen - von allen Altersgruppen und auch in den Risikogruppen. Allerdings reicht die Wirkung der abgetöteten Erreger bei der Corona-Impfung nicht aus. Daher müssen dem Totimpfstoff Wirkverstärker beigemengt werden. Diese bestanden jahrzehntelang in der Regel aus Aluminiumsalzen, in letzter Zeit kamen aber auch Alternativen wie Öl-in-Wasser-Emulsionen auf den Markt. Wirkverstärker senken in der Regel die Verträglichkeit der Präparate.

Derzeit sind weltweit vier Totimpfstoffe gegen Corona auf dem Markt, drei von ihnen sind in China entwickelt worden, einer in Indien. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA prüft seit Mai 2021 in einem "Rolling Review"-Verfahren die Zulassung des Impfstoffes der chinesischen Firma Sinovac.

Totimpfstoffhersteller rät: "Warten Sie nicht"

Auch der Totimpfstoff des österreichisch-französischen Herstellers Valneva könnte bald erhältlich sein. Dieser hat Mitte Oktober eine weitere klinische Testphase überstanden, seine Zulassung bei der europäischen Arzneimittelagentur EMA soll in Kürze beantragt werden. Im besten Fall könnte diese noch in diesem Jahr erfolgen. Auch die Bundesregierung scheint die Entwicklung dieses Impfstoffes positiv zu sehen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat bereits elf Millionen Valneva-Dosen vorbestellt.

Seinen Impftermin herauszuzögern, bis der Totimpfstoff auf dem Markt ist, halten nicht nur Virologen und Experten des RKI aufgrund der erwiesenen guten Eigenschaften der aktuell erhältlichen Impfstoffe für falsch. Selbst der Valneva-Chef Thomas Lingelbach rät davon ab. "Bei Corona ist jede Impfung besser als keine Impfung", sagte er Anfang September dem ORF. "Ich ermutige jeden, nicht auf diesen Impfstoff zu warten."