Das ist eine Nachricht, auf die viele Menschen in Deutschland gewartet haben: Sie werden sich spätestens ab Juni gegen Covid-19 impfen lassen können. Egal, wie alt sie sind, ob sie Vorerkrankungen haben oder einen Beruf, der sie in engen Kontakt mit anderen bringt.
Das stellte jedenfalls Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Donnerstag in Aussicht. Momentan gehe er davon aus, "dass wir im Juni die Priorisierung aufheben können", sagte er im Bundesrat.
Denn jeder zweite Über-60-Jährige sei nun mindestens einmal geimpft. Das heißt: Das Tempo beim Impfen scheint groß genug, um im Frühsommer die Impfreihenfolge aufheben zu können.
Genaue Reihenfolge ist festgeschrieben - eigentlich
Bisher gibt es mit der Bundesimpfordnung genaue Vorgaben, wer wann geimpft werden kann. Diese strikten Vorgaben könnten überflüssig werden, wenn absehbar ist, dass viele Berechtigte geimpft sind. Dann könnten sich alle anderen Impfwilligen einen Termin für den Pieks besorgen.
Und damit wären vielleicht Treffen mit Freunden wieder möglich, Familienfeiern und vielleicht sogar Urlaub - ein erster Hoffnungsschimmer für alle, die zwar selbst nicht an Covid-19 erkrankten, aber unter den Begleiterscheinungen der Pandemie leiden.
Es gibt schon viele Ausnahmen
In Stein gemeißelt sind die Vorgaben sowieso nicht mehr. Astrazeneca zum Beispiel darf jetzt an alle verimpft werden, unabhängig vom Alter.
Die Hausärzte, die seit Anfang April bei der Impfkampagne dabei sind, halten eh nicht viel von der Impfreihenfolge. Lieber eine 50-Jährige mit Diabetes impfen als einen fitten 75-Jährigen, ist da zu hören. Der Lindlarer Internist Thomas Aßmann hält die Priorisierung für ungerecht und viel zu aufwändig:
Wie lange, bis alle Berechtigten geimpft sind?
Aber wie realistisch ist Spahns Prognose? Eine schwierige Frage, jedenfalls, wenn man auf NRW blickt. Hier steht noch nicht mal fest, wie viele Berechtigte es gibt. "Wir gehen derzeit von über 7 Millionen Menschen in allen drei Priorisierungsgruppen aus", schreibt etwa das NRW-Gesundheitsministerium auf eine Anfrage des WDR. Aber: "Exakte Zahlen liegen nicht vor." Also weiß auch niemand genau, wann alle Prio-Gruppen tatsächlich durchgeimpft sind.
Fest steht nur: Bis heute haben erst 17,9 Millionen Impfwillige eine erste Dosis bekommen, gut 5,7 Millionen sind vollständig geimpft. Das entspricht 6,9 Prozent der gesamten Bevölkerung.
Es muss auch genug Impfstoff da sein
Noch ein kritischer Punkt: Es muss genug Impfstoff für alle geben, egal, ob Astrazeneca, Biontech und demnächst vielleicht auch Curevac und Sputnik V. Nur so können das Tempo beim Impfen erhöht und später auch Menschen jenseits der Priorisierungsgruppen geimpft werden.
Dazu ein paar Zahlen: WDR-Recherchen zufolge wurden bis Mittwoch (21.4.2021) 25,5 Millionen Dosen geliefert und fast alle verimpft, weitere 20,5 Millionen sollen bis Ende Mai kommen. Für den Juni wird mit fast 30 Millionen Dosen gerechnet. Die Liefermengen sollen also steil ansteigen. Allerdings könnte es wieder Lieferengpässe geben oder ein Impfstoff in Verruf geraten - dann würde die Impfkampagne wieder ins Stocken geraten.
Laumann will an Impfpriorisierung festhalten - vorläufig
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) will sich wohl auch deswegen nicht auf einen Termin festlegen lassen. Momentan werde er die Impfpriorisierung nicht aufheben, sagte er im WDR, sondern erst dann, wenn es nicht mehr genügend Ü-60-Jährige für Astrezeneca gebe. Allerdings geht er davon aus, dass es im Juni so viel Impfstoff gibt, dass auch die Betriebsärzte impfen könnten. Spätestens dann greife die Priorisierung "faktisch nicht mehr".
Übrigens: Auch Bundesgesundheitsminister Spahn warnte vor zu großen Erwartungen. Medien hatten geschrieben, dass die Impfreihenfolge vielleicht schon im Mai aufgehoben werden könnte. Dazu Spahn: "Wenn es früher ist, bin ich froh. Wir sollten aber keine Erwartungen wecken, die nachher enttäuscht werden."