Flughafen-Seelsorge Düsseldorf: "Seit Corona ist hier Friedhofsstille"

Stand: 14.06.2020, 06:00 Uhr

  • Wochenlanger Corona-Stillstand am Düsseldorfer Flughafen
  • Seelsorge muss sich um Reisende und Mitarbeiter kümmern
  • Schalter der Airlines nicht besetzt

Der Reiseverkehr ist seit Beginn der Corona-Krise fast vollständig zum Erliegen gekommen. Am Airport Düsseldorf wurde das besonders deutlich. Ein Gespräch mit Ute Clevers von der Flughafen-Seelsorge.

WDR: Frau Clevers, haben Sie sich an die Stille gewöhnt?

Ute Clevers: Ich hätte es nicht geglaubt, ja. Aber es ist noch immer befremdlich, dass wir bei der Friedhofsstille hören, wenn zwei Stockwerke unter uns der Fahrstuhl aufgeht.

WDR: Kamen denn noch Menschen an den Flughafen?

Clevers: Immer mal wieder kommen Leute, die eine Mail von einer Fluggesellschaft bekommen haben, dass ihr Flug in zwei Tagen geht. Da gab es dann wohl einen Fehler im Computersystem.

WDR: Wieso landen die Menschen bei Ihnen?

Clevers: Nachdem der Flugverkehr fast zum Erliegen kam, haben sich fast alle Airlines aus dem Airport zurückgezogen. Da auch die Information des Flughafens nicht besetzt ist, kommen sie zu uns.

WDR: Und sind wohl nicht gerade gut gelaunt...

Clevers: Vor allem sind sie verunsichert. Die einen werden pampig. Andere sind extrem vorsichtig und verstehen, dass wir nicht für die Situation verantwortlich sind.

WDR: Gab es auch gestrandete Reisende?

Clevers: Ja, gerade am Anfang der Pandemie. Zwischen 20 und 30 Menschen pro Woche. Das klingt nicht viel, aber für die Betroffenen ist das schrecklich.

Da waren zum Beispiel zwei junge Frauen aus Zypern, die in England studieren. Als sie auf dem Weg zu ihren Familien waren, änderte die zypriotische Regierung die Einreisebestimmungen.

Für den Flug von Düsseldorf nach Zypern sollten sie ein Attest vorlegen. Das konnten sie aber nur in England bekommen.

WDR: Was ist mit ihnen passiert?

Clevers: Sie waren erst einmal vollkommen verängstigt. Wir brachten sie in einem Hotel unter und halfen ihnen, einen Flug zurück nach England zu bekommen.

WDR: Ein Happy End?

Clevers: In diesem Fall ja. Es gibt aber leider sehr viele Fälle von Menschen, die hier am Flughafen arbeiten, in denen es das nicht gab.

WDR: Weil sie in Kurzarbeit mussten?

Clevers: Weil sie ihre Jobs verloren haben. Viele Verträge hier am Flughafen werden Mitte März verlängert. Dieses Jahr gab es da die Corona-Krise. Also wurden die meisten Stellen nicht wieder besetzt. Das führte nicht nur zu finanziellen Problemen für viele Mitarbeiter.

WDR: Inwiefern?

Clevers: Die Menschen, die hier arbeiten, identifizieren sich stark mit ihrem Arbeitsplatz. Sie reden von der "Flughafen-Familie". Durch die Corona-Krise wurde ihnen die Familie auf einen Schlag genommen.

Das Gespräch führte Jörn Kießler

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