Lüften, Lüften, Lüften, so stellt sich die Landesregierung den Kampf gegen das Coronavirus in den Klassenzimmern vor. Doch nicht alle Räume lassen sich problemlos lüften. Für genau solche Fälle will die Landesregierung jetzt 50 Millionen Euro zur Verfügung stellen.
Viele Räume nicht nutzbar
An einer Gesamtschule in Tönisvorst zum Beispiel ist seit den Sommerferien der Sportunterricht nur eingeschränkt möglich. "Die Umkleidekabinen können nicht belüftet werden", erklärt Schulleiter Andreas Kaiser, "darum können wir den Sportunterricht nur in der fünften und sechsten Stunde anbieten. Die Kinder kommen in Sportsachen zur Schule und gehen dann wieder, ohne sich umzuziehen".
Großer Bedarf an Schulen
Andreas Kaiser hofft, dass ein Luftreinigungsgerät für die Umkleidekabinen einen reibungslosen Sportunterricht wieder ermöglichen kann. Ähnliche Hoffnungen hat auch die Schulleitung des Düsseldorfer Geschwister-Scholl-Gymnasiums: Dort gibt es unter anderem einen Raum, der nur Oberlichter hat und deswegen schlecht zu lüften ist.
Der Bedarf dürfte groß sein: NRW-weit haben bisher 39 Städte gemeldet, dass einzelne Unterrichtsräume nicht gelüftet werden können. 85 Städte haben sich nach Angaben des NRW-Heimatministeriums noch nicht zurückgemeldet.
Warum erst jetzt?
Dass das Förderprogramm der Landesregierung erst nach den Herbstferien beschlossen wurde, sorgt an den Schulen für Unverständnis: "Wann ist das Geld verfügbar, und sind die Geräte verfügbar?" fragt sich Schulleiter Andreas Kaiser.
Kritik kommt auch vom Elternverein NRW: "Seit März kennen wir diese Situation, leider, und man hätte sich dann schon damals Gedanken machen müssen," sagt Andrea Heck. Das Geld für Luftreinigungsgeräte komme viel zu spät.
Was können die Geräte wirklich?
Was das Land möglicherweise gebremst hat: Es gibt zwar Studien von der Goethe-Universität Frankfurt und der Universität der Bundeswehr in München, die sehr positiv sind, was die Wirksamkeit der Geräte gegen Viren betrifft. Aber das Umweltbundesamt empfiehlt die Geräte trotzdem nur als Ergänzung zum Lüften durch geöffnete Fenster - schließlich liefern sie keine Frischluft.
NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach lässt die Kritik des Elternvereins nicht gelten: Viele Kommunen hätten sich schon selbst gekümmert, bauliche Maßnahmen eingeleitet oder auf eigene Kosten Luftreinigungsgeräte gekauft - wie etwa in Neukirchen-Vluyn. "Es ist nicht so, dass Städte und Gemeinden jetzt anfangen, weil das Land ein Förderprogramm angekündigt hat. Die Städte und die Gemeinden vor Ort, kümmern sich seit dem Sommer darum: Wie gehen wir im Herbst, Winter mit dem Regelbetrieb an unseren Schulen um?"
Hohe Nachfrage, lange Wartezeiten
Eins ist klar: Viele Schulen werden noch lange Zeit ohne Luftfilter auskommen müssen. Ein Gerätehersteller aus Heinsberg warnt, die Nachfrage sei ohnehin schon groß und werde durch das Förderprogramm für die Schulen nochmal deutlich zunehmen. "Ich hoffe, niemand erwartet, dass wir jetzt innerhalb einer Woche Gerätestückzahlen von zehn-, zwanzigtausend liefern können", sagt Produktmanager Jochem Weingartz.
Der Fachverband Gebäude-Klima warnt vor großen Qualitätsunterschieden bei den Luftreinigungsgeräten: In der Branche herrsche Goldgräberstimmung, neue Hersteller schössen wöchentlich aus dem Boden.