Der Tag, an dem sich Valon Krasniqis Leben für immer ändert, ist der 17. August. Krasniqi, 30 Jahre jung, muskulös, begeisterter Motorradfahrer, ist gerade aus dem Urlaub bei seiner Familie in Albanien zurückgekehrt, als er sich plötzlich nicht mehr gut fühlt. Ein Corona-Test ergibt: Seine ältere Schwester und er haben sich mit dem Virus angesteckt.
Doch während die Schwester nur milde Symptome entwickelt, bricht Covid-19 bei Valon Krasniqi mit voller Härte aus. Geimpft ist er nicht - wenige Wochen zuvor hatte er sich um einen Termin bemüht, damals war der Impfstoff aber noch knapp und es hieß, dass Älteren erstmal besser der Vortritt gelassen werden sollte.
Tagelang hat er jetzt hohes Fieber, kann kaum noch etwas essen oder trinken. Dann bekommt er kaum noch Luft. Seine Familie ruft den Notarzt, der ihn in eine Klinik in Krasniqis Heimatort Bergheim bringt.
Notoperation nach einer Woche
Doch auch dort müssen die Ärzte und Pfleger zusehen, wie sich der Zustand des 30-Jährigen rapide verschlechtert. Nach einer Woche bekommt er auch noch eine Thrombose im rechten Arm und wird ins Kölner St.-Vinzenz-Krankenhaus verlegt. Am 26. August führen die Ärzte dort eine Notoperation durch, um sein Leben zu retten.
"Und an demselben Abend, an dem ich operiert worden bin, wurde ich künstlich in ein Koma gesetzt", erzählt Krasniqi mit leiser Stimme fast vier Monate später. Der ehemals 93 Kilogramm schwere, durchtrainierte Mann ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Krasniqi ist auf etwa 65 Kilo abgemagert. Das Weiße in seinen Augen hat sich gelb gefärbt, weil seine Leber kapituliert hat - vor den vielen Medikamenten, die Krasniqi in den vergangenen Monaten bekommen hat.
Doch Krasniqi lächelt. Er hat überlebt.
Fünf Wochen Koma, fast zehn Wochen künstlich beatmet
Der Kampf mit dem Virus begann mit dem Koma erst richtig. Denn zu diesem Zeitpunkt ist die Lunge des 30-Jährigen schon so schwach, dass die Ärzte ihn künstlich beatmen müssen. Bis zum 2. November, also fast zehn Wochen, hängt Krasniqi an der ECMO, einer Art künstlichen Lunge, die das Blut mit Sauerstoff versorgt. Selbst als ihn das Ärzteteam nach fünf Wochen aus dem Koma holen kann, bleibt er an die Maschine angeschlossen.
Es ist auch die Familie, die dem jungen Mann Kraft gibt. Seine Frau und seine Schwester tun alles, um den 30-Jährigen spüren zu lassen, dass seine Familie für ihn da ist. Und bekommen dabei Unterstützung vom Pflegeteam der Intensivstation.
Die Familie gibt Kraft
"Als ich im Wachkoma lag, haben mir die Pfleger teilweise Anrufe von meiner Familie, speziell von meiner Frau und meiner Schwester, ans Ohr gehalten", sagt Krasniqi. Später, als seine Familie auch wieder direkt zu ihm ans Bett kann, drücken die Mitarbeiter bei den Besuchszeiten öfter mal ein Auge zu.
Seine Frau nutzt die Besuche vor allem, um sein Krankenzimmer mit Fotos von Verwandten und Freunden zu schmücken. Sie hängt Bilder und Briefe auf, die Krasniqis Nichten und Neffen ihm schreiben. All das soll ihn motivieren, gesund zu werden.
"Der Fall von Herrn Krasniqi ist eine tolle Erfolgsgeschichte", sagt Professor Christian Strassburg, der Krasniqi aktuell an der Uniklinik Bonn behandelt. Gerade durch seine positive Art mache er es auch den Ärzten und Pflegern einfach.
Neurologische Reha zum Muskelaufbau
Das UK Bonn ist die mittlerweile vierte Station auf Krasniqis Krankenreise. Anfang November wird er von der ECMO befreit und kommt ins St. Marien-Hospital in Köln. Dort lernt der 30-Jährige wieder selbstständig zu atmen. Als seine Lunge sich ausreichend erholt hat, wird er nach Bonn verlegt, wo alles getan wird, um die angegriffene Leber zu retten.
Wenige Tage vor Weihnachten überbringt Professor Strassburg ein vorzeitges Geschenk: "Wir haben eine neurologische Reha-Maßnahme organisiert." Sie soll Krasniqi helfen, wieder Muskeln aufzubauen. "Damit Sie irgendwann wieder so fit sind, dass Sie Motorrad fahren können", sagt Strassburg.
Es ist ein weiterer Schritt, den Valon Krasniqi in Richtung Genesung macht. Ob er jemals wieder so ein Leben führen kann wie vor seiner Covid-Erkrankung, ist ungewiss. Doch das scheint ihm keine Angst zu machen. Hauptsache, er ist wieder bei seiner Familie.