Silvester-Angriffe: Wer waren die Täter?

Stand: 04.01.2023, 20:49 Uhr

Nach den Attacken auf Rettungskräfte in der Silvesternacht stellt sich die Frage, wer dafür verantwortlich ist. Das sagen Polizei, Politik und Betroffene von vor Ort.

Die gewalttätigen Angriffe auf Einsatzkräfte an Silvester sorgen weiterhin für Entsetzen. Vor allem die Vorfälle in Berlin machen Schlagzeilen. Doch auch in NRW-Städten wurden Feuerwehrleute und Polizisten zu Zielscheiben von Attacken - wenn auch in einem offenbar geringerem Ausmaß als in Berlin. Aber auch sie wurden mit Raketen beschossen oder mit Steinen beworfen.

Auch Tage danach sorgt eine Frage für Diskussionen: Wer waren die Täter? Abschließend klären lässt sich das im Moment (noch) nicht. Bei der Polizei laufen die Ermittlungen. Doch so manches ist mit Stand vom 04. Januar bereits bekannt.

Dutzende Festnahmen

31.12.2022, Berlin: Polizeibeamte stehen hinter explodierendem Feuerwerk

Angriffe auf Einsatzkräfte in Berlin

So wurden alleine in Berlin 145 Menschen vorläufig festgenommen, die meisten davon Männer, sagte ein Polizeisprecher am Dienstag. Alle Verdächtigen seien nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen wieder auf freien Fuß gekommen. Ursprünglich war die Zahl der Festgenommenen mit 159 angegeben worden. Laut der Polizei hat es aber Doppelzählungen gegeben.

Bei den 145 Festgenommenen wurden insgesamt 18 verschiedene Nationalitäten erfasst. 45 der Verdächtigen hätten die deutsche Staatsangehörigkeit, 27 hätten die afghanische Nationalität und 21 seien Syrer, hieß es.

Für NRW wurden am Neujahrstag 25 vorläufige Festnahmen in der Silvesternacht gemeldet. Hinzu kamen 233 Personen, die in Gewahrsam genommen wurden. Auch hier waren es vor allem männliche Täter. "Wir haben ein Problem mit Gewalttätigkeit von Gruppen junger Männer", sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) im WDR Fernsehen.

Dieses Element beinhaltet Daten von Twitter. Sie können die Einbettung auf unserer Datenschutzseite deaktivieren.

Reul hatte zunächst bestätigt, die meisten der Festgenommenen hätten einen Migrationshintergrund. Der Minister stellte jedoch klar, dass das nicht alles Flüchtlinge gewesen seien: "Das sind Leute die aus den unterschiedlichsten Ländern kommen. Wir haben auch deutsche Jugendliche dabei, die erwischt worden sind."

Auf WDR-Anfrage schlüsselte das Innenministerium nun auf: "Das Verhältnis von Menschen mit und ohne deutsche Staatsangehörigkeit liegt etwa bei 50 zu 50." Insgesamt seien über 25 Nationalitäten unter den in Gewahrsam genommenen sowie einige Menschen mit doppelten Staatsangehörigkeiten.

Reul: Junge Männer in Gruppen

Im WDR-Interview sprach Reul davon, dass es "immer Gruppen junger Männer" gewesen seien, wenn Rettungskräfte angegriffen wurden. "Nie einer alleine. Es waren immer Ansammlungen." Diese Anonymität mache es schwerer, die Täter zu ermitteln.

"Junge Männer in Gruppen, darauf weise ich seit langer, langer Zeit hin, sind ein Riesenproblem, wenn sie einfach unbeschäftigt durch die Gegend laufen und was los machen wollen. Und das ist eine Gruppe, die ist im Bereich der Migranten natürlich auch stark vertreten." NRW-Innenminister Herbert Reul

Die Frage, ob es um bestimmte Milieus gehe, sei "schwierig zu beantworten". "Klar ist auf jeden Fall, es ist in großstädtischen Strukturen". Zudem seien die Nationalitäten "fröhlich durchmischt".

Polizei: Deutsche und Nichtdeutsche

Aus Sicherheitskreisen war am Dienstag zu erfahren, dass es unter den Tatverdächtigen neben der deutschen auch die syrische, rumänische, bulgarische und die niederländische Nationalität gegeben habe. Hinzu kämen doppelte Staatsbürgerschaften von Deutsch-Türken und Deutsch-Tunesiern.

Auf WDR-Anfrage stellte das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste am Dienstag aber auch klar, dass bei der Frage nach der Nationalität der Randalierer "eine detailtiefe Auskunft zum jetzigen Zeitpunkt nicht erfolgen" könne.

Essener Polizei beobachtet viele mit Migrationshintergrund

Auch in Essen kam es in mehreren Stadtteilen zu Vorfällen, bei denen Einsatzkräfte mit Raketen und Böllern beschossen wurden. Festnahmen gab es in diesem Zusammenhang noch keine, aber der "subjektive Eindruck" der Kollegen vor Ort sei gewesen, dass es überwiegend junge Leute und Jugendliche gewesen seien, die optisch aus dem arabischen Raum kämen, sagte ein Sprecher am Mittwoch dem WDR. "Die können von der Staatsangehörigkeit natürlich auch Deutsche gewesen sein. Aber optisch haben wir einen Schwerpunkt mit Migrationshintergrund - zumindest äußerlich - dort festgestellt."

Woher kam die Gewalt in Berlin? I Rettungskräfte am Limit I Papst-Abschied I Ukraine-Angriff I 0630

0630 - der News-Podcast 03.01.2023 19:55 Min. Verfügbar bis 03.01.2028 WDR Online


Download

Gruppe verabredete sich per Chat in Bonn

In Bonn hat die Polizei jetzt die Wohnung von acht Verdächtigen durchsucht, die sich per Chat verabredet haben sollen. Sie haben dann ein Feuer gelegt und die anrückende Feuerwehr attackiert.

Auch hier sind die Verdächtigen alle männlich und zwischen 16 und 19 Jahren. In den Wohnungen wurden jetzt Kleidungsstücke und Mobiltelefone gesucht. Ein 19-Jähriger war direkt nach der Tat vorübergehend inhaftiert worden.

Feuerwehrmann vermutet Gruppendynamik

Einen persönlichen Eindruck schilderte ein Berliner Feuerwehrmann beim rbb in anonymer Form. Er und seine Kollegen rückten zu einem brennenden Bus aus und mussten Personen aus einem nahegelegenen Seniorenzentrum retten. Währenddessen hätten Jugendliche einen benachbarten Laden mit Raketen in Brand gesteckt.

Dieses Element beinhaltet Daten von Twitter. Sie können die Einbettung auf unserer Datenschutzseite deaktivieren.

Zu seinen Beobachtungen sagt der Feuerwehrmann: "Das waren Jugendliche - ich würde sagen - im Alter zwischen 16 und vielleicht 25, größtenteils mit Migrationshintergrund. Und ich sage Ihnen das als selber einer mit einem Migrationshintergrund. Ich bin türkischer Herkunft." Er glaube nicht, dass Alkohol eine große Rolle gespielt habe. "Ich glaube, dass tatsächlich da eine gewisse Gruppendynamik eine sehr große Rolle gespielt hat und die Masse an Menschen, also eben diese Anonymität, die einem ein gewisses Gefühl an Sicherheit gibt."

Weitere Themen