Eine silberne Gedenktafel mit Text drauf

Heinze-Frauen: Gelsenkirchen erinnert an Kampf für Lohngleichheit

Stand: 08.09.2023, 13:03 Uhr

Vor rund 40 Jahren erstritten 29 Frauen vor Gericht, dass der Foto-Unternehmer Heinze aus Gelsenkirchen sie genauso bezahlen muss wie Männer. Jetzt erinnert eine Tafel an ihren Kampf.

Ende der 70er Jahre lässt ein Mitarbeiter der Fotolabor-Kette Heinze bei der Arbeit seinen Lohnstreifen auf einem Tisch in der Firma liegen, vermutlich mit Absicht. Erika Huch findet den Zettel und bemerkt, dass ihr männlicher Kollege zwar den gleichen Lohn bekommt, aber deutliche höhere Zuschläge – für die gleiche Arbeit.

Gelsenkirchen erinnert an Heinze-Frauen

00:48 Min. Verfügbar bis 08.09.2025


Warum verdient er mehr als sie?

Während Männer mindestens 1,50 DM pro Stunde extra erhielten, lagen die Zuschläge für Frauen deutlich darunter. Gegen diese Ungleichheit zogen 29 "Heinze-Frauen" vor Gericht und bekamen in dritter Instanz vor dem Bundesarbeitsgericht recht.

"Keiner schiebt uns weg!"

Direkt gegenüber des Gelsenkirchener Justizzentrums an der Bochumer Straße erinnert jetzt eine Tafel an den Arbeitskampf der Heinze-Frauen. "Keiner schiebt uns weg!", so lautet die Überschrift. Die Stadt hat sie dort aufstellen lassen.

Eleonore Huch liest aufmerksam und stolz den Bericht über den Arbeitskampf, denn ihre Schwiegermutter war es, die damals den Lohnstreifen entdeckt hatte. "Meine Schwiegermutter hat sich sehr für gleiche Bezahlung eingesetzt", sagt Eleonore Huch. "Sie hat viele andere Frauen bei Heinze dazu gebracht, gegen diese Ungleichheit zu kämpfen."

 Ein großer Schritt für die Gleichberechtigung

Drei Frauen und ein Mann stehen um eine silberne Gedenktafel, auf der ein Text geschrieben steht

Dr. Marianne Kaiser (damalige Leiterin des Fachbereichs „"Gesellschaft und Politik"an der VHS Gelsenkirchen

Dass Frauen weniger verdienen als Männer, war eine Benachteiligung unter vielen: so brauchten Frauen bis 1977 die Erlaubnis des Ehemannes, um überhaupt arbeiten zu dürfen. Die Heinze-Frauen wurden damals unterstützt von der IG Papier und Druck. "Ohne den Rechtsschutz der Gewerkschaft wäre dieser Arbeitskampf gar nicht möglich gewesen", erinnert sich Dr. Marianne Kaiser, ehemalige Fachbereichsleiterin der VHS in Gelsenkirchen. Sie war damals auch in der Gewerkschaft aktiv und hat Seminare im Arbeitsrecht für Frauen gegeben.

 Ein langer Weg durch drei Instanzen

Fast drei Jahre lang beschäftigte der Fall die Gerichte. Vor dem Arbeitsgericht Gelsenkirchen bekamen die Heinze-Frauen mit ihrer Forderung nach gleicher Bezahlung recht. Das Unternehmen Heinze ging in Berufung vor dem Landesarbeitsgericht, das dann im Sinne der Firma entschied.

"Das war schon ein herber Dämpfer", sagt Marianne Kaiser. "Wir sind damals mit einem Reisebus zum Landesarbeitsgericht nach Hamm gefahren. Die Stimmung war nach dem Urteil zwar sehr gedrückt, aber wir waren schnell entschlossen, bis zum Bundesarbeitsgericht zu gehen."

Ein kleiner Sieg

Am 9. September 1981 sprach das Bundesarbeitsgericht den Heinze-Frauen ihr Recht auf gleiche Bezahlung zu. Sie erhielten Nachzahlungen von 20.000 DM. Ihnen hätte noch deutlich mehr Geld zugestanden, nämlich weitere 100.000 DM. Dieses Geld wurde aber nicht mehr ausgezahlt, denn die Firma Heinze ging 1983 in den Konkurs.