Prozess um tödliche Polizeischüsse: Drei Angeklagte wollen im April aussagen
Stand: 20.03.2024, 15:18 Uhr
Drei der fünf Angeklagten wollen sich im April zu den tödlichen Schüssen auf Mouhamed Dramé äußern. Das haben ihre Verteidiger am neunten Verhandlungstag am Dortmunder Landgericht bekanntgegeben.
Von David Peters
Bei den Polizisten, die sich zu dem Fall äußern wollen, handelt es sich um den Polizisten, der mit der Maschinenpistole auf den 16-jährigen Dramé schoss, seinen Dienstgruppenleiter und einen Polizisten, der einen Taser gegen Dramé eingesetzt haben soll.
Die Verteidiger der Angeklagten hatten bereits zu Prozessbeginn angekündigt, dass sich ihre Mandanten im Laufe des Verfahrens äußern wollen. Dies soll jetzt im April erfolgen, wenn alle unmittelbaren Zeugen des Geschehens vor Gericht ausgesagt haben.
Dem MP-Schützen wird in der Anklage Totschlag vorgeworfen, dem Taser-Schützen gefährliche Körperverletzung und dem Dienstgruppenleiter die Verleitung eines Untergebenen zu einer Straftat.
Pfeffersprayeinsatz sollte wohl Verletzungsrisiko mindern
Neben den Ankündigungen der Verteidiger hatte an diesem Verhandlungstag erneut ein am Einsatz beteiligter Polizist ausgesagt. Dieser ist aber nicht angeklagt. Er gehört zu einem Trupp in Zivil, der die Situation im Vorfeld des Einsatzes aufklären sollte.
Der Zivilpolizist schilderte, dass im Raum stand, ob man Mouhamed Dramé, der in suizidaler Absicht mit einem Messer an einer Mauer lehnte, tasern oder erst das Pfefferspray einsetzen sollte.
Der Dienstgruppenleiter im Gespräch mit seinem Anwalt Michael Emde.
Der angeklagte Dienstgruppenleiter habe aber den Einsatz des Pfeffersprays angeordnet, um so das Verletzungsrisiko für den 16-Jährigen zu mindern. Bis zum Urteil gilt die Unschuldsvermutung.
Polizist ging von Angriffssituation aus
Zur Bedrohungslage gegen sich und seine Kollegen schilderte der Polizist: "Wir sind im ersten Moment nicht davon ausgegangen, dass er uns angreifen wollte." Dann sei die Situation dadurch, dass Dramé auf die Ansprachen nicht reagiert und sich weiter das Messer gegen den Bauch gehalten habe, bedrohlicher geworden. Sowohl für Dramé selbst, als auch für die Polizisten, so der Zeuge.
Spätestens als Dramé in Richtung der Polizisten gelaufen sei, sei der Zeuge von einer Angriffssituation ausgegangen. In seiner polizeilichen Vernehmung kurz nach dem Einsatz gab der Polizist an: Mouhamed Dramé wirkte "abwesend, irgendwie irre." Der Einsatz des Pfeffersprays sei die logische Konsequenz gewesen, sagte der Polizist auf Nachfrage eines Verteidigers.
Nach seiner Erfahrung sei es dadurch möglich, dass der Betroffene das Messer fallen lassen würde. Es sei zudem das mildeste Mittel gewesen.
Nebenklageanwältin hält Pfefferspray nicht für zwingend geeignet
Nebenklagevertreterin Lisa Grüter kritisiert die Ausführungen des Zeugen
Laut Lisa Grüter, die die Angehörigen von Mouhamed Dramé als Nebenklageanwältin vertritt, ist der Einsatz des Pfeffersprays aber nicht immer geeignet: "Es gibt auch andere Erfahrungen, gerade bei psychisch kranken Menschen, dass das Pfefferspray keine Wirkung haben kann." Es sei schwierig aus den persönlichen Erfahrungen auf eine allgemeingültige Einsatztaktik zu schließen.
Der Verteidiger des Schützen, Christoph Krekeler, bewertet die Aussage anders: "Wenn die Erfahrung der Polizei ist, dass Pfefferspray dazu führt, den Suizidenten davon abzuhalten, sich das Messer in den Körper zu rammen", dann sei der Einsatz nur konsequent und diene dem Schutz der Beamten, aber auch eines Betroffenen mit suizidalen Absichten.
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