Missbrauchs-Opfer verklagt Bistum Essen auf Schmerzensgeld
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Missbrauchs-Opfer verklagt Bistum Essen auf Schmerzensgeld
Stand: 18.04.2024, 19:33 Uhr
Zum ersten Mal hat ein Opfer sexualisierter Gewalt das Bistum Essen auf Schmerzensgeld verklagt. Das Landgericht Essen soll entscheiden, ob der zur Tatzeit Elfjährige durch die Folgen des Missbrauchs später jahrzehntelang berufsunfähig war.
Von Carmen Krafft
Wilfried Fesselmann (55) aus Gelsenkirchen sagt, er leide seit dem Übergriff des damaligen Priesters in seiner Heimatgemeinde in Essen-Rüttenscheid an Angststörungen. "Im Alltag war ich jahrzehntelang so eingeschränkt, dass ich zum Beispiel nicht arbeiten konnte und von Sozialhilfe lebte", so der Kaufmann. Immer noch belaste ihn der Missbrauch emotional stark.
Bischof Hengsbach wusste von Übergriffen
Rund zwei Jahre hat Fesselmann die Klage mit seinem Anwalt vorbereitet. Was die katholische Kirche ihm bisher als Anerkennung seines Leids gezahlt hatte, sei viel zu gering. Von diesen 35.000 Euro habe er jetzt den größten Teil in Anwalt- und Gerichtskosten investiert. "Es ist schlimm, dass man als Opfer die Kirche selbst verklagen und vor Gericht ziehen muss."
Wilfried Fesselmann leidet unter Angststörungen
Fesselmann war elf als sich Priester Peter H. vor ihm entblößt und von ihm verlangt habe, ihn oral zu befriedigen. Panikattacken gehörten im Erwachsenenalter zum Alltag. Tatsächlich gilt Priester H. auch für die Kirche als Serientäter. Von seinen Übergriffen hatten wohl auch der Essener Bischof Hengsbach und der spätere Papst Benedikt gewusst.
Kirche ist als Arbeitgeber verantwortlich
Dass die Kirche als Arbeitgeber vor Gericht für die Übergriffe zur Rechenschaft zu ziehen ist, wird mittlerweile auch von Gerichten anerkannt. Der Bochumer Rechtswissenschaftler Rolf Dietrich Herzberg geht sogar noch einen Schritt weiter: "Die Kirche muss automatisch für den Schaden einstehen und Schadensersatz zahlen."
Die bisherige Praxis, dass das Opfer beweisen müssen, dass der Missbrauch sie aus der Bahn geworfen hat und sie finanzielle Einbußen hatten, will Wilfried Fesselmann umkehren. "Die Kirche hat meinen Fall in vielen Dokumenten anerkannt. Jetzt soll sie beweisen, dass meine Einschränkungen nicht durch den Übergriff verursacht wurden."
Die Kirche hatte mit einer Klage gerechnet
Das Bistum Essen äußerte heute gegenüber dem WDR, dass man mit einer ersten Klage eines Missbrauchs-Opfers gerechnet habe. Für Wilfried Fesselmann ist es ein wichtiger Schritt auf seinem Weg zu mehr Gerechtigkeit.
Unsere Quellen:
- Landgericht Essen
- WDR-Recherche