Zu teuer: Immobilienkonzern Vonovia stoppt Neubauprojekte
Stand: 01.02.2023, 15:52 Uhr
Einer der größten Immobilien-Konzerne in Deutschland stoppt für dieses Jahr alle Neubauprojekte: das Unternehmen Vonovia mit Sitz in Bochum. Häuser und Wohnungen, die schon im Bau sind, sollen fertig gestellt werden.
Grund für den Neubaustopp sind die gestiegenen Zinsen und Baukosten. Dadurch würden die Mieten unverhältnismäßig teuer werden, beispielsweise 20 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter statt wie früher 12 Euro. "Das ist völlig unrealistisch. Solche Mieten können sich viele Menschen nicht leisten", erklärt eine Vonovia-Sprecherin dem WDR.
Abrupte Baustopps soll es aber nicht geben, heißt es. Häuser und Wohnungen, die schon im Bau sind, sollen fertig gestellt werden. Der Konzern hofft auf staatliche Unterstützung, um Neubau-Projekte wieder zu ermöglichen. Wie viele geplante Projekte gestoppt werden, ist nicht bekannt.
Auf eine generell schlechte Entwicklung weist der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW hin. "Eine Verkettung von historisch schlechten Baubedingungen und eklatante Fehler der Regierung lassen den bezahlbaren Wohnungsbau aktuell dramatisch einbrechen", sagte Präsident Axel Gedaschko dem WDR. Die Regierung müsse "sofort um- und gegensteuern, um ein Drama für die Wohnungssuchenden abzuwenden". Seit zwei Jahren gebe es eine "beispiellose Baupreisexplosion".
Laut VdW gerade Sozialwohnungen betroffen
Ähnlich äußerte man sich beim GdW-Mitgliedsverband VdW Rheinland Westfalen. Eine Sprecherin sagte dem WDR, dass laut einer Branchen-Umfrage etwa ein Drittel der geplanten neuen Wohnungen von "sozial orientierten Wohnungsunternehmen" in den Jahren 2023 und 2024 nicht realisierbar seien. Beim VdW Rheinland Westfalen seien 20 Prozent der geplanten Wohnungen betroffen.
In ganz NRW würden der Sprecherin zufolge über 4 Prozent aller für 2023 und 2024 geplanten Wohnungen komplett storniert und damit nie gebaut. Bei der Modernisierung geförderter Wohnungen sei der Einbruch besonders stark: 28 Prozent seien demnach infolge der Krisen nicht realisierbar.
IG Bau: Bund muss bei Vonovia einsteigen
Die IG Bau sprach mit Blick auf den Vonovia-Baustopp von einem "Tiefschlag für den Markt". Es sei schlimm genug, dass Vonovia nicht mehr baut. "Noch fataler ist aber die Signalwirkung, die Vonovia in die gesamte Wohnungswirtschaft damit sendet", so die Industriegewerkschaft.
Sie fordert, dass der Bund bei Vonovia einsteigt. Damit würde dieser nicht nur "Einfluss auf die langfristige Strategie bei Vonovia bekommen - also auch auf den Neubau, die Modernisierungen und die Mietpreisentwicklung". Es wäre laut IG Bau auch "ein starkes Signal: Der Staat würde damit deutlich machen, dass er sich - nach vielen Privatisierungen - auf dem Wohnungsmarkt wieder einmischt".
Mieterbund hofft auf Investitionen in bestehende Wohnungen
Sabine Mosler Kühr vom Deutschen Mieterbund NRW hofft, dass Vonovia das durch den Neubaustopp gesparte Geld jetzt mehr in bestehende Wohnungen steckt. Eine so große Firma müsse dafür sorgen, dass Wohnungen bewohnbar, gepflegt und günstig seien, erklärte sie im Interview mit dem WDR.
Vonovia besitzt über 500.000 Wohnungen und ist der größte Vermieter in ganz Deutschland. In der Vergangenheit hat der Deutsche Mieterbund das Unternehmen immer wieder wegen Mieterhöhungen und mangelnder Instandhaltungen kritisiert.