Alle wollen mehr Wohnungen - die Ziele werden aber nicht erreicht

Stand: 23.01.2023, 16:50 Uhr

Die Ampel kann ihr Ziel beim Wohnungsbau nicht einhalten. Auch in NRW gibt es weniger neue Wohnungen als geplant. Trotz Bauboom werden einfach nicht mehr Wohnungen gebaut.

Von Christian WolfChristian Wolf

Mehr bezahlbare Wohnungen - bei dieser Forderung herrscht ein großer Konsens. Es gibt niemanden, der sagt, auf dem Wohnungsmarkt laufe alles rund und es gebe genug Wohnungen. Wer in letzter Zeit auf Wohnungssuche gewesen ist, kennt die Probleme. Zu viele Interessenten buhlen um das verfügbare Angebot - vor allem in den großen und beliebten Städten.

Doch obwohl sich alle einig sind, dass mehr gebaut werden muss, ist eine Entspannung noch weit entfernt. Statt Fortschritten gibt es eher Rückschritte. So hat Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) am Montag deutlich gemacht, dass das von der Ampel ausgegebene Ziel vorerst nicht klappt. "Ich gehe nicht davon aus, dass die Zahl von 400.000 Wohnungen in den Jahren 2022 und 2023 erreichbar ist", sagte sie dem Portal "Web.de News". Das Ziel sei, in den Jahren 2024 und 2025 "an diese Zahl heranzukommen". Eine klare Aussage, dass es dann auch klappt, ist das nicht.

Und wie sieht es in Nordrhein-Westfalen aus? Schließlich ist auch hier bezahlbarer Wohnraum knapp. Im September 2020 hatte die damalige Landesregierung eine Prognose zum Wohnungsmarkt veröffentlicht. Das Ergebnis: Von 2018 bis 2025 brauche es jedes Jahr im Durchschnitt rund 51.200 neue Wohnungen.

Aber: Diese Zielmarke ist in den letzten Jahren nie erreicht worden. Offizielle Zahlen liegen bis 2021 vor. Und da lag das Ergebnis immer unter dem angepeilten Wert. Auch 2022 wird sich daran nichts geändert haben. Schon vor Monaten sagte Bauministerin Ina Scharrenbach, dass der Wert kaum mehr erreichbar sei.

So zeigt sich, dass es trotz der Ankündigungen von allen Seiten, mehr zu bauen, eher eine Stagnation gibt. Dazu muss man wissen, dass sich die Gesamtzahl der neuen Wohnungen aus verschiedenen Bereichen zusammensetzt:

  • Neue Wohnungen in neu gebauten Wohngebäuden (der klassische Neubau)
  • Neue Wohnungen in Nichtwohngebäuden (zum Beispiel die Hausmeisterwohnung einer Schule)
  • Neue Wohnungen in bereits bestehen Gebäuden (wenn zum Beispiel das Dachgeschoss ausgebaut wird)

Geht es um die erste Kategorie, also den klassischen Neubau, dann zeigen die Zahlen, dass es dort kein Wachstum mehr gibt. Der Output wird nicht mehr gesteigert. So wurden in den vergangenen Jahren in etwa gleich viele neue Wohnungen gebaut - trotz Bauboom.

Viele Stornierungen erwartet

Hinzu kommt: Die Zeichen deuten darauf hin, dass es weniger statt mehr werden. So warnte der Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Rheinland Westfalen dieser Tage vor einer "Stornierungswelle im Wohnungsbau". In NRW würden vier Prozent der für 2023 und 2024 geplanten Wohnungen storniert und somit nicht gebaut. Als Erklärung dafür wurde auf gestiegene Materialkosten, die hohen Zinsen und unzureichende Förderungen verwiesen.

Mieterbund fordert noch viel mehr

Dabei gibt es sogar Stimmen, die das NRW-Ziel von 51.200 neuen Wohnungen pro Jahr für zu niedrig halten. "Es kommt aus unserer Sicht zum einen mehr auf die Anzahl bezahlbarer Wohnungen an als auf die absolute Zahl. Außerdem darf sich aus unserer Sicht das Ziel nicht nach 'Erreichbarkeit' bemessen, sondern danach, was wir wirklich brauchen", sagt André Juffern, Geschäftsführer des Deutschen Mieterbundes NRW. Ein realistischer Bedarf liege eher bei 100.000 neuen Wohnungen pro Jahr, davon 25.000 öffentlich gefördert.

Auf die Kritik, eine solche Zahl sei unrealistisch, entgegnet Juffern: "Wenn die Rahmenbedingungen derzeit Wohnungsbau nicht in dieser Größenordnung erlauben, ist es Aufgabe des Staates, beim Wohnungsbau vor allem auf Länderebene, dass sich diese Rahmenbedingungen ändern." Das Land könnte zum Beispiel selbst Wohnungsbau betreiben mit einer eigenen Landesbaugesellschaft, wenn das Bauen für private Investoren nicht rentabel genug sei.

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