Apotheker-Opfer warten immer noch auf Entschädigung | Aktuelle Stunde

Aktuelle Stunde 27.11.2024 19:54 Min. UT Verfügbar bis 27.11.2026 WDR Von Carmen Krafft-Dahlhoff

Gepanschte Krebsmedikamente: Christiane kämpft für ihre tote Freundin

Stand: 27.11.2024, 18:45 Uhr

Christiane Piontek ist eine der Krebspatienten, die die gepanschten Medikamente genommen hatten. Sie wartet auf eine Entschädigung.

Von Carmen Krafft/Cordula Krell

Es regnet in Strömen auf dem Friedhof. Christiane Piontek steht trotz des Wetters vor einem Grab. Sie hält einen Regenschirm in der Hand – und eine weiße Rose für ihre verstorbene Freundin Renate Okrent. Beide Frauen waren Nebenklägerinnen im Strafprozess gegen den Apotheker Peter S. aus Bottrop vor sechs Jahren.

Eine weiße Rose liegt auf einer Grabplatte, im Hintergrund ein Grablicht

Christiane kämpft auch im Namen ihrer Freundin weiter

Der hatte ihnen Medikamente gegen ihre Krebserkrankungen gegeben hatte. Medikamente, die gestreckt und gepanscht waren, statt ihnen zu helfen. Einer der größten Medizinskandale in der deutschen Geschichte. "Wir standen alle mit einer weißen Rose da am ersten Prozesstag. Alle Betroffenen, ich weiß nicht, wie viele wir waren. Deshalb jetzt auch die weiße Rose. Für Renate ist es hier zu Ende. Sie hat immer so gekämpft, bis zum Schluss."

Kampf für Gerechtigkeit

Beide Frauen haben für Gerechtigkeit gekämpft, vor der Apotheke demonstriert, die Öffentlichkeit aufgerüttelt. Beim Prozessauftakt war Christiane Pionteks Krebs zurückgekommen. Für sie steht fest: Das hat mit der gepanschten "Medizin" des Apothekers zu tun.

Das zu beweisen ist aber so gut wie unmöglich. Sie fragt sich auch, ob die wirkungslosen Medikamenten auch am Tod von Renate schuld sind. Die Antwort wird sie vermutlich nie bekommen.

Zwölf Jahre Haft und lebenslanges Berufsverbot, aber nicht wegen Körperverletzung

Mehrere Menschen mit Transparenten

Renate Okrent protestierte mit anderen Betroffenen vor dem Gericht (21.9.2021)

Der Apotheker Peter S. schwieg zu den Vorwürfen. Im Juli 218 wurde er zu zwölf Jahren Haft und lebenslangen Berufsverbot verurteilt. Wegen Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz in über 14.000 Fällen und Betrugs, nicht wegen Körperverletzung. Das Gericht ging von 4.600 geschädigten Patienten aus. Zwei davon sind Renate Okrent und Christiane Piontek.

Opfer kämpfen um Entschädigung

Ihre Zivilklage auf Schmerzensgeld ist in der ersten Instanz gescheitert. Christiane und die anderen sollten beweisen, dass der Apotheker auch in ihrem Fall kriminell handelte. Also belegen, was genau in ihrem Medikament drin war und was eben nicht. Das ist aber unmöglich. Dafür hätte Peter S. quasi sein eigenes Verbrechen dokumentieren müssen. Jetzt hoffen sie darauf, dass das Oberlandesgericht Hamm die Wende bringt.

Der Kampf geht weiter

Im nächsten Jahr wird sich entscheiden, ob ihre Klage dort zugelassen wird. Und ihr langer Kampf auf Entschädigung endlich Aussicht auf Erfolg hat. Auch wenn die verstorbene Freundin Renate Okrent ihren Kampf gegen den Krebs verloren hat, ist sie noch an ihrer Seite, da ist sich Christiane sicher: "Ich glaube, sie kämpft immer noch von oben und gibt mir Signale: weitermachen, weitermachen, weitermachen."

Unsere Quellen:

  • Gespräch mit Christiane Piontek
  • WDR-Reporterin vor Ort

Über dieses Thema berichtet der WDR am 27.11.2024 in der Lokalzeit Ruhr.