Studiogespräch: Herbert Reul, Innenminister NRW
Aktuelle Stunde . 03.01.2025. 36:36 Min.. UT. Verfügbar bis 03.01.2027. WDR.
Reul gegen Böllerverbot: Nicht zu kontrollieren
Stand: 04.01.2025, 17:09 Uhr
Ein Böllerverbot an Silvester sei keine Lösung, glaubt NRW-Innenminister Herbert Reul. Auch weil es nicht zu kontrollieren sei.
Obwohl es auch in dieser Silvesternacht wieder Tote, Verletzte und Sachschäden gegeben hat, hat sich NRW-Innenminister Herbert Reul im WDR gegen ein generelles Böllerverbot ausgesprochen. "Die Politik hat meistens nur diese einfachen Antworten: Mehr Strafen, höhere Strafen, Verbote. Ich glaube, das ist ein bisschen zu einfach", sagte er am Freitag im Interview mit dem WDR.
Sein "Nein" zum Böllerverbot hat zum einen ganz praktische Gründe, schließlich müsse man dieses auch kontrollieren. "Dann müssen sie an jeder Ecke einen Polizisten stehen haben, der dafür sorgt, dass keiner einen Böller wirft. Das schaffen wir ja nicht mal im Fußballstadion", so Reul.
Zwei verschiedene Tätergruppen
Zum anderen glaubt er aber auch, dass das Problem selbst mit einem Verbot nicht vollständig gelöst werden könne. "Es wird immer Menschen geben, die sich nicht benehmen können", sagte der Innenminister. Dabei unterscheidet Reul zwei verschiedene Gruppen: "Das eine sind junge Leute, die Böller oder Raketen verantwortungslos einsetzen und einfach nicht darüber nachdenken, was passiert. Das zweite sind Menschen, die sie einsetzen als Waffe." Und die würden zur Not auch selbst Böller bauen.
Statt auf Verbote setzt Reul auf folgende Lösungsansätze:
- Verbotszonen müssten noch besser kontrolliert werden
- Mehr Aufklärung
- Harte Strafen
"Viele Jugendliche mit Migrationshintergrund"
Böller flogen auch in dieser NRW-Silvesternacht verbotenerweise wieder in der Nähe von Kirchen und Krankenhäusern. Auch wurden wieder Einsatzkräfte verletzt - zum Beispiel auch in Dortmund. Aber wer genau sind die Leute, die ganz bewusst in Verbotszonen Böller abschießen und sich absichtlich nicht an die Regeln halten?
WDR-Reporter Michael Westerhoff war als Augenzeuge in der Silvesternacht dabei. In der Aktuellen Stunde berichtet er, was er dabei beobachtet hat. Die Polizei sage zwar nichts zur Nationalität und kontrolliere keine Ausweise. Aber: "Wenn man sich umgesehen hat und auch auf die Sprachen geachtet hat, waren das zu 95 Prozent Migranten, die dort gefeiert und Raketen und Böller gezündet haben." Auch in der Düsseldorfer Böller-Verbotszone ließen es viele junge Männer an dem Abend absichtlich krachen. Verbote interessierten hier offensichtlich die wenigsten.
"Wir haben es vor allem mit Jugendlichen mit Migrationshintergrund zu tun", sagt auch der Psychologe und Extremismusforscher Ahmad Mansour. Das seien Jugendliche, die bewusst den Konflikt mit der Polizei suchten, "weil sie sich dann als Helden darstellen können - vor allem in den sozialen Medien." Der Rechtsstaat dürfe so etwas nicht akzeptieren.
Hundertausende Unterstützer plädieren für Verbot
Schon seit Längerem macht sich die Gewerkschaft der Polizei für ein bundesweites Böllerverbot und ein Verkaufsverbot für Pyrotechnik stark. Sie warnt davor, alljährlich nach Silvester und Neujahr darüber "Scheindebatten" zu führen und am Ende nichts zu tun. Eine Petition der Gewerkschaft der Polizei in Berlin, in der angesichts der Silvester-Ausschreitungen ein umfassendes Böllerverbot für Privatleute gefordert wird, unterzeichneten innerhalb weniger Tage mehr als eine halbe Million Menschen.
Scholz für "klare Regeln"
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach sich am Freitag gegen ein Böllerverbot aus. Allerdings müsse es eindeutige Regelungen beim Umgang mit Feuerwerk und Böllern geben. "Man muss klare Regeln haben, was für Pyrotechnik eingesetzt werden kann, und gegen all diejenigen hart vorgehen, die die Gesetze nicht einhalten".
Unsere Quellen:
- WDR-Interview mit NRW-Innenminister Herbert Reul
- Petition der Gewerkschaft der Polizei Berlin
- Nachrichtenagentur dpa