Duisburg Marxloh von oben

Duisburg-Marxloh: Arrival-City statt No-Go-Area

Stand: 12.05.2023, 15:07 Uhr

Viele Zuwanderer, hohe Arbeitslosigkeit und eine überdurchschnittliche Kriminalitätsrate: das sind die Schlagworte, die viele mit Duisburg-Marxloh verbinden. Nun wollen Politik und Verwaltung aber mit einem neuen Konzept den Fokus auf die Potenziale des einwohnerstärksten Stadtteil Duisburgs legen.

Von Ralph Brix

Die Initiative heißt "Ankunftsstadtteil Marxloh" und mit auf den Weg gebracht hat sie der Kommunalpolitiker Claus-Werner Lindner. Der Sozialdemokrat bezieht sich dabei auf den britisch-kanadischen Journalisten Doug Saunders. Dem war auf Reisen aufgefallen, dass weltweit Städte bzw. Stadtteile, die über viele Jahre Zuwanderung erlebt haben, große Parallelen aufweisen.

Kriterien für die Bezeichnung "Ankunftsstadtteil"

Demnach entwickeln solche "Arrival Cities" eine eigene Dynamik der Stadtentwicklung, unabhängig davon, woher die Migranten kommen und wo sie sich niederlassen. Ein Ankunftsstadtteil ist demnach:

  • eine Stadt in der Stadt
  • bezahlbar
  • gut erreichbar und bietet vor Ort Arbeit
  • informell (hat eigene „Regeln“ des Zusammenlebens)
  • "im" Erdgeschoss (soziales Leben findet oft auf der Straße statt)
  • ein Netzwerk aus Einwanderern und Alteingesessenen
Claus-Werner Lindner im Gespräch mit einem Autofahrer

Claus-Werner Lindner im Gespräch mit einem Duisburger

Die Initiative "Ankunftsstadtteil Marxloh" will diese Erkenntnisse nun nutzen, um die Stadtteilentwicklung neu zu denken. Claus-Werner Lindners Idee ist, dass alle stadtteilrelevanten Entscheidungen künftig von unten nach oben gedacht werden: "Ich muss jetzt schauen, wie sind die Realitäten im Moment, die Realitäten der Menschen, die kommen. Die große Kunst dabei ist es, das Ganze so zu managen, dass wir am Ende keine Konflikte haben – obwohl hier sehr viele unterschiedliche Kulturen zusammenleben."

Dezernate der Stadtverwaltung arbeiten eng zusammen

Die Stadtspitze unterstützt die Idee. Mit Blick auf Marxloh sollen die städtischen Dezernate ressortübergreifend zusammenarbeiten. Der Ansatz kommt in Marxloh gut an. Der Kameramann Halil Özet ist in Marxloh geboren, leitet den dortigen "Medienbunker" und hat selbst die Initiative „Made in Marxloh“ angestoßen: "Wenn die Verwaltung mit der Politik zusammenarbeitet und der Bürgerschaft, dann finde ich das sehr positiv.“

Weiterentwicklung von innen heraus

Straße mit Autos und Menschen

Die Weseler Straße in Duisburg Marxloh

Marxloh von innen heraus weiterentwickeln und alle Akteure vernetzen: Das sind die beiden Säulen, auf denen der "Ankunftsstadtteil Marxloh" basiert. Ob und wie das gelingen kann und wird, ist offen. Die Initiative steht erst am Anfang.

Initiative "Ankunftsstadtteil" erst der Anfang

An mangelndem Willen wird das Projekt, Marxloh lebenswerter zu machen, wohl nicht scheitern. Die Hoffnung ist, dass der Stadtteil schöner wird, dass das Zusammenleben besser und der Wirtschaftsstandort Marxloh erfolgreicher wird. Ziemlich plakativ sieht Halil Özet gerade in diesem Punkt das große Potenzial:

"Sehr viele Migrantinnen und Migranten sind Power, sind Energie, und die wollen Gas geben und wollen alle einen dicken Wagen fahren und dementsprechend tun sie auch einiges dafür.“ Kameramann Halil Özet

Und Claus-Werner Lindner sieht im "Ankunftsstadtteil Marxloh" erst den Anfang. Denn wenn der Prozess hier im Duisburger Norden erst einmal ein Erfolgsgeschichte geworden ist, könne man – so Lindners Vision – diesen dann auf die ganze Stadt übertragen.