Armut, Arbeitslosigkeit, Clankriminalität und Polizeieinsätze: Das alles kennt man aus den Schlagzeilen, die von Duisburg-Marxloh handeln. Doch wer mal da war, erkennt oft: Der Stadtteil ist, bei allen Problemen liebenswert, stellenweise hübsch und spannend sowieso. Außerdem gibt es zig Menschen, die sich dort für eine bessere Zukunft engagieren. Was hält einen Ort wie Marxloh zusammen?
Ein Pater hält die Stellung
Da gibt es zum Beispiel Pater Oliver. Der Geistliche leitet den katholischen Petershof im von Muslimen geprägten Duisburg-Marxloh. Der freundliche Mann hilft jedem, der an seiner Tür klopft. Es gibt einen Mittagstisch für Bedürftige und, wenn es im Winter nötig wird, auch Schlafplätze.
Auch für die oft bettelarmen Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien ist der Petershof Anlaufstelle. Auf einem Banner am Petershof steht "Nächstenliebe ist nicht verhandelbar".
Grundsätzlich, sagt Pater Oliver, sei der Zusammenhalt im Ruhrgebiet gut. Menschen unterschiedlicher Herkunft würden sich auch mal streiten, dann aber abends am Kiosk ein Bier oder ein Ayran zusammen trinken:
Streit zwischen verschiedenen Kulturen
Die Hauptstraße in Duisburg-Marxloh ist bekannt für ihre vielen Brautmodegeschäfte. Kunden kommen aus dem gesamten Umland, auch aus den Niederlanden. Die negativen Schlagzeilen haben viele hier etwas schweigsam gemacht, mit Medienvertretern reden manche nicht so gern. Die türkischstämmige Mitarbeiterin eines Geschäftes sagt dann doch etwas: In Marxloh, sagte sie, sei man besonders hilfsbereit:
Marxloh ist geprägt von türkischstämmigen früheren Gastarbeiterfamilien. Mittlerweile aber leben mehr als 90 Kulturen dort. Zuletzt kamen tausende Südosteuropäer. Es gehört zur Wahrheit dazu, dass dies den Zusammenhalt im Viertel auch belastet. Ein Goldhändler, der hier beruflich unterwegs ist, erzählt von Streitigkeiten. Probleme gebe es zum Beispiel zwischen alteingesessenen Menschen mit türkischen Wurzeln und den Neuankömmlingen aus Rumänien und Bulgarien.
Polizist lobt Engagement in Duisburg-Marxloh
Das Verhältnis vieler Marxloher zur Polizei ist zwiespältig. Auf der einen Seite berichten die Beamten von Routineeinsätzen, bei denen sie plötzlich vor aufgebrachten Menschenmengen standen. Auf der anderen Seite wünschen sich manche Geschäftsleute eher noch mehr Polizeipräsenz, um Ordnung im Viertel zu schaffen. Und Jugendliche berichten, sie kämen besser mit den ortskundigen Streifenpolizisten zurecht, als mit den immer wieder wechselnden Beamten der dort eingesetzten Hundertschaft.
Thomas Nagel ist bei der Duisburger Polizei Kontaktbeamter für die muslimische Gemeinde und kennt Marxloh gut. Sein Blick ist optimistisch, er lobt das Engagement der Marxloher:
Made in Marxloh
Der Filmemacher Halil Özet betreibt in Duisburg-Marxloh den Medienbunker. Das ist ein zur Kreativzentrale umgebauter Hochbunker, in dem auch schon Jugend- und Sozialprojekte entwickelt wurden. Um den Zusammenhalt im Stadtviertel zu stärken erfand Özet vor vielen Jahren das Label "Made in Marxloh".
Der Slogan spiele auch heute noch eine Rolle, sagt er. Die neu angekommenen Südosteuropäer würden ihn sogar in sozialen Netzwerken posten. Der kleinste gemeinsame Nenner in Marxloh sei die Armut, meint Özet zum Thema Zusammenhalt. Und:
Armut trennt und führt zusammen
Die Armut als Überschrift für ein Stadtviertel, dem viele Schlagzeilen der Vergangenheit nicht gerecht werden. Das sieht auch Pater Oliver vom Petershof so. Auf der einen Seite fördere die Situation den Zusammenhalt, zum Beispiel beim gemeinsamen Mittagstisch für Bedürftige, auf der anderen Seite trenne Armut die Gesellschaft aber auch:
Das Leben in Duisburg-Marxloh ist für viele nicht einfach, aber gemeinsame Erfahrungen wie Armut, und soziale Probleme schweißen auch zusammen. Hinzu kommt ein gewisser trotziger, gemeinsamer Stolz. Vielleicht ist der Zusammenhalt hier deshalb sogar stärker als in den schickeren Stadtvierteln.