Jan Schulte an der Lenne aus Hagen Hohenlimburg
01:30 Min.. Verfügbar bis 22.12.2025.
Sorge vor Hochwasser: Im Schlafzimmer kann man den reißenden Bach hören
Stand: 22.12.2023, 19:20 Uhr
Die Pegelstände von Flüssen und Bächen steigen in Teilen von NRW, auch in Hagen im Ruhrgebiet. Hier schauen die Anwohner besorgt auf die Pegel von gleich drei Flüssen. Erinnerungen an die Flut vor zwei Jahren werden wach. Wird Weihnachten ein trockenes Fest?
Eigentlich ist der Holthauser Bach ein kleines, idyllisches Gewässer. An heißen Sommertagen trocknet der Bach gerne auch mal aus. Wenn es aber so anhaltend regnet wie dieser Tage, wird der Bach zum reißenden Rinnsal. Hier solle man jetzt lieber nicht reinfallen, sagt Andreas Figge. Der Hagener ist mit seinem Grundstück quasi direkter Nachbar des Bachs. Er kann jederzeit sehen, wie hoch der Pegel steht.
Das Erdgeschoss bei Familie Figge: Wegen der Flut noch Rohbau
"Vor zwei Tagen war ich noch ziemlich in der vorweihnachtlichen Stimmung. Seit der Warnmeldung gestern sehe ich das wieder mit wirklich gemischen Gefühlen", sagt der Familienvater. Direkt werden Erinnerungen wach an den Sommer 2021, als die Flutkatastrophe im ganzen Dorf zugeschlagen hat: "Die Gedanken sind wieder da. Dann habe ich auch noch gehört, sie haben gestern die ersten Weihnachtsmärkte geschlossen. Von weihnachtlicher Stimmung ist nicht mehr viel übrig."
Keine Feierlaune bei Flutbetroffenen
Am Donnerstag stand eigentlich eine Weihnachtsfeier mit dem Verein an. Die hat der Hagener kurzfristig abgesagt, wegen des massiven Regens. Der einzige Gedanke dabei: "Ich kann das Haus nicht alleine lassen". Und sogar ins Bett nimmt die Familie den Gedanken an das Wasser mit – in den Schlafzimmern oben kann man den reißenden Bach wegen der älteren Fenster besonders gut hören.
Michael Funke überprüft das Regenradar immer wieder
Währenddessen bei der Hagener Feuerwehr. Ein Anruf von den Kollegen aus Bochum. Sie wollen hören, wie die Einsatzlage in Hagen ist. „Wir haben einen dicken Baum in der Volme liegen, da müssen wir gucken, wie wir den raus bekommen. Das ist ein Abflusshindernis“, erklärt Michael Funke. Er ist bei der Feuerwehr Fachberater für Hochwasser und Starkregen. Extremwetterlagen sind sein Hauptgebiet.
Feuerwehr überprüft Wetterlage ständig
Deswegen hat er auch ständig den Regenradar am Computer offen. „Ab 18 Uhr werden die Pegel steigen. Das sehen wir jetzt hier raus“, sagt Funke. Er bespricht sich mit dem Deutschen Wetterdienst, die bis Sonntagmorgen mit bis zu 50 Millimeter Regen rechnen. Es gibt aber auch gute Nachrichten: Bei den Gewitterzellen ist zum Glück nichts im Anmarsch.
Seit Mittwoch beobachtet die Hagener Feuerwehr das Wetter über verschiedene Portale. Sie haben immer wieder die Pegel von Lenne, Volme und Ruhr im Blick. Mit der Vorabinformation des Wetterdienstes hat die Feuerwehr einen Bereitschaftsstab über die Feiertage aufgebaut und sich entsprechend vorbereitet. Seit der Flutkatastrophe wurde die Schutzausrüstung verbessert.
Nur wenige Einsätze in Hagen
Michael Funke vor seinem Einsatzwagen
Immerhin ist die Einsatzlage an diesem Nachmittag entspannt. 14 witterungsbedingte Einsätze, vor allem die umgestürzten Bäume, machen gerade Probleme. "Was uns Schwierigkeiten macht sind die Straßenabläufe in die Kanalisation. Überall ist Laub auf den Straßen, das setzt sich zu und verstopft", sagt Funke. Die freiwilligen Feuerwehrleute sind aber dran, versuchen sie im gesamten Stadtgebiet frei zu halten.
Zurück zu Andreas Figge in Hagen-Holthausen. Bei Wetterlagen wie diesen läuft er mit seiner Familie immer mal wieder um das Haus. Als Vorsichtsmaßnahme. "Wir gucken, ob alle Pfannen noch richtig sind, ob irgendwas durch die Gegend gewirbelt wurde, ob irgendwo Wasser reinkommt. Also, es dreht sich viel ums Wasser jetzt", sagt Figge. Seit der Flut sind sie vorsichtiger, weil dort Wasser rausgekommen ist – auch aus Öffnungen, aus denen man das gar nicht gedacht hätte.
Jetzt bleibt nur noch eine Hoffnung: Ein trockenes Weihnachtsfest. Im Gespräch hört der Regen plötzlich auf. "Das ist das, was uns Mut macht", sagt Figge. "Diese Regenpausen gab es 2021 ja nicht, da hat es zehn Stunden lang durchgeregnet."
Über dieses Thema berichten wir am 22.12.2023 auch im WDR Fernsehen: Lokalzeit aus Dortmund, 19:30 Uhr.