Straße mit Busspur, auf dem schemenhaft ein Fahrrad zu sehen ist

Umweltspuren: "Kommunen sind hasenfüßig"

Stand: 15.04.2019, 10:00 Uhr

  • Neue Umweltspuren in Düsseldorf
  • Verkehrsplaner kritisiert "Stückwerk"
  • Mehr Mut in den Nachbarländern

Heiner Monheim ist Verkehrsexperte, Geograph und Stadtplaner. Unter anderem entwickelt er Verkehrskonzepte auf kommunaler Ebene. Die Effekte der neuen Umweltspuren in Düsseldorf dürften überschaubar bleiben, so seine Prognose.

WDR: Herr Monheim, Düsseldorf führt ab Montag (15.04.2019) auf zwei Straßen Umweltspuren ein und hofft auf bessere Luftqualität. Wie sind die Erfolgsaussichten?

Heiner Monheim: Eher zweifelhaft. Mit 20 oder 30 Straßen könnte Düsseldorf vielleicht etwas bewirken — nicht mit zwei. Schon seit den 1960er-Jahren experimentieren deutsche Städte mit Busspuren, aber fast immer ist das Stückwerk geblieben: mal hier eine, mal da eine. Ein echtes Netz ist fast nirgendwo entstanden.

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Studiofoto von Prof. Heiner Monheim

Heiner Monheim plädiert für mutige Verkehrsplanung

Monheim: In der ersten und zweiten Woche vielleicht, bis sich die Pendler auf die neue Situation eingestellt haben. Das kann sich schnell wieder entspannen, allerdings unter einer Bedingung: Die Ampelschaltungen müssen so angepasst werden, dass der ÖPNV stets Vorrang hat. In der Schweiz funktioniert das seit Ewigkeiten.

WDR: Gibt es denn auch Positivbeispiele?

Monheim: Ja, natürlich: In Freiburg sind die ersten Umweltspuren bereits in den 1970ern markiert und gezielt zur Stadtgestaltung genutzt worden. Gleichzeitig sind dort grüne Achsen und Alleen entstanden. Daran sollten sich die Düsseldorfer ein Beispiel nehmen und im großen Stil Bäume pflanzen.

WDR: Und in NRW?

Monheim: Auch Münster hat mit Busspuren, die für Radfahrer freigegeben sind, seit den 1980er-Jahren gute Erfahrungen gemacht. Und in Bielefeld wurden vierspurige Straßen umgestaltet, auch mit einigem Erfolg. Kommunen können bei der Verkehrsplanung viel erreichen, wenn sie den nötigen Mut aufbringen.

WDR: Wo hat es nicht geklappt?

Monheim: Da fällt mir spontan Düren ein, wo mit wechselnden Busspuren experimentiert wurde, also je nach Tageszeit in die eine oder andere Richtung. Funktioniert hat das nicht besonders gut, weil es Stückwerk geblieben ist.

WDR: Die Zeit für die NRW-Städte drängt. Gibt es auch kurzfristige Maßnahmen, die wirken?

Monheim: In den Niederlanden werden ganze Straßen für den Individualverkehr gesperrt. Dort dürfen nur noch Busse und Räder fahren. Die haben Mut. Wir dagegen sind hasenfüßig und haben ständig Angst vor der Autolobby. Deshalb werden wir unser Stickoxid- und Feinstaubproblem auch so schnell nicht lösen.

Das Interview führte Andreas Poulakos.