Straßenausbau in Reichshof: Anwohner:innen sollen zehntausende Euro zahlen
Lokalzeit aus Köln. 10.07.2024. 02:39 Min.. Verfügbar bis 10.07.2026. WDR. Von Julian Piepkorn.
Ärger um Straßenausbau: Anwohner sollen zehntausende Euro zahlen
Stand: 10.07.2024, 17:27 Uhr
Für Eigentümer in NRW kann es plötzlich teuer werden: Obwohl die Straßenausbaubeiträge abgeschafft sind, können die Kommunen noch immer Anlieger zu Kasse bitten. Ein Fall aus dem Oberbergischen Kreis zeigt, was passieren kann.
Von Julian Piepkorn
Der Unterschied ist für den Laien kaum zu erkennen: Zwei Straßen kreuzen sich im oberbergischen Reichshof. Beide Wege sind asphaltiert, es liegen Gullys und es stehen Laternen. Doch für die Anwohner der Straße "Auf dem Lehmel" wird es teuer. Denn die Straße ist noch nicht fertig ausgebaut. Das bedeutet für die Anwohner Kosten von mehreren zehntausend Euro.
Ist die Straße fertig gebaut oder nicht?
Es ist ein Fall, der überall in Nordrhein-Westfalen spielen könnte. Zwar sind die Straßenausbaubeiträge seit Januar 2018 de facto abgeschafft. Die Kommune darf die Anwohner also nicht mehr an den Kosten beteiligen.
Das gilt allerdings nur für Straßen, die laut Baugesetzbuch fertiggestellt sind und beispielsweise saniert werden müssen. Der Endausbau einer Straße, wie in diesem Fall, wird weiterhin zu 90 Prozent auf die Anwohner umgelegt. Den Rest zahlt die Kommune.
Müsste Schulden machen: Familie Haller rechnet mit Kosten von 80.000 Euro
Familie Haller wohnt seit mehr als 50 Jahren in Reichshof-Heischeid. Das Elternhaus liegt versteckt hinter einem hohen Wildgarten. Den Hallers gehören mehrere Grundstücke entlang der etwa 100 Meter langen Straße. Deshalb sind sie mehr als andere Anlieger von den Mehrkosten betroffen.
Warum wird die Straße ausgebaut?
Geht es nach der Gemeinde, soll hier in Reichshof-Heischeid die Wohnungsnot bekämpft werden. Dafür soll in Zukunft auf den leeren Grundstücken, entlang der Straße "Auf dem Lehmel" gebaut werden. Deswegen soll auch die Straße, die dort hinführt, fertig ausgebaut werden.
Der Reichshofer Bürgermeister Rüdiger Gennies drängt auf zügige Wohnbebauung.
"Wir wollen unsere Dörfer weiterentwickeln", sagt Bürgermeister Rüdiger Gennies. "Die Eigentümer müssen sich selbst überlegen, ob sie die Grundstücke bebauen oder auf dem Markt verkaufen." Und weitere Gemeindestraßen sollen folgen.
Im Frühjahr 2025 sollen dafür die Bagger anrücken, 13 Jahre später als ursprünglich von der Gemeinde geplant. Seitdem hätten sich alleine die Baupreise jedoch verdreifacht, schätzen die Eigentümer.
Eine letzte Asphaltschicht soll aufgetragen und die Fahrbahn mit Steinen abgegrenzt werden. Familie Haller rechnet dafür mit Kosten von 80.000 Euro, von denen sie einen großen Anteil tragen müssen. Ohne Schulden werden sie diese Summe nicht bezahlen können, sagen sie.
Die Kostenfalle schnappt auch nach 20 Jahren noch zu
Erik Uwe Amaya vom Eigentümerverband Haus und Grund sagt, die Kommune handelt rechtens.
Trotzdem ist das Vorgehen der Kommune rechtens, erklärt Erik Uwe Amaya vom Eigentümerverband Haus und Grund: "Jeder Grundstückseigentümer hat sich an den erstmaligen Erschließungsbeiträgen zu beteiligen. Wann mit den Maßnahmen begonnen wird, liegt im Ermessensspielraum der Kommune." Heißt also, solange eine Straße nicht vollständig fertiggestellt ist, könnten die Anwohner für einen erstmaligen Ausbau zur Kasse gebeten werden - auch nach 2018.
Damit Eigentümer und potenzielle Käufer nicht in eine Kostenfalle tappen, sollten sie sich rechtzeitig informieren, empfiehlt der Uwe Amaya: "Erkunden Sie sich bei der Kommune, ob die Straße bereits erschlossen ist". Außerdem: Die Kommunen hätten nach Abschluss der Baumaßnahmen bis zu 20 Jahre Zeit, um den Kostenbescheid zuzustellen.
Sobald der Kostenbescheid kommt, rät der Eigentümerverband zum Widerspruch. Teilweise würden Kosten falsch berechnet oder nicht alle Anlieger beteiligt. So könnte letztendlich auch der Fall in Reichshof-Heischeid erst vor dem Verwaltungsgericht entschieden werden.
Quellen:
- Reporter vor Ort
- Gemeinde Reichshof
- Haus und Grund Rheinland Westfalen