Prozessbeginn "ColdCase": Mord an einer Stewardess in Velbert
Lokalzeit aus Düsseldorf. 10.06.2024. 02:35 Min.. Verfügbar bis 10.06.2026. WDR. Von Wolfram Lumpe.
Cold Case um ermordete Flugbegleiterin: Sohn von Claudia K. sagt aus
Stand: 19.06.2024, 17:12 Uhr
17 Jahre nach dem Mord an einer Flugbegleiterin in Velbert geht der Prozess weiter. Am zweiten Verhandlungstag hat der Sohn der Getöteten vor dem Wuppertaler Landgericht ausgesagt.
Als er am Tattag 2007 aus der Schule kommt, sieht der damals 14-jährige Sohn von Claudia K. seine Mutter in einer riesigen Blutlache liegen. Um ihren Hals ist ein Gürtel geschnürt. Daraufhin ruft er zuerst den Notruf, anschließend den besten Freund seines Vaters, „damit überhaupt noch jemand da ist“, sagt er vor Gericht.
Enge Beziehung zur Mutter
Vor Gericht sagt der 31-Jährige, dass er damals zu seiner Mutter ein viel engeres Verhältnis als zu seinem Vater gehabt habe. Denn dieser sei sehr streng gewesen und habe eine dominante Art gehabt, die ihn einengte. Er habe sich sogar gefreut, als seine Mutter ihm offenbarte, dass sie sich scheiden lassen möchte. Zwischenzeitlich habe er seine Mutter aber auch gebeten, über Nacht die Tür abzuschließen, weil er Angst vor der Reaktion seines Vaters auf die anstehende Trennung und Scheidung des Paares hatte.
Nach der Trennung sei seine Mutter glücklicher gewesen. „Sie hat mehr für sich gemacht und fragte mich auch, ob es in Ordnung sei, wenn wieder ein Mann in ihrem Leben wäre“, erzählt der 31-Jährige in seiner Aussage. Einen Liebhaber habe er aber nie kennengelernt.
Sohn musste Erbe einklagen
Nach dem Mord an seiner Mutter geht der damals 14-Jährige erst zu seiner Großmutter, lebt dann für zwei Jahre bei Verwandten in Hessen. Danach besucht er ein Internat in Düsseldorf und lebt heute als Unternehmensberater wieder in Velbert. Seinen Pflichtanteil des Erbes musste er einklagen - es habe dahingehend Probleme mit der Schwester seines Vaters gegeben.
Die Frage des Richters, ob er seinem Vater zutraue, an der Tat beteiligt zu sein, bejahte er. Es sei auch möglich, dass dieser eine Waffe besessen habe.
Tatverdächtiger vor Gericht
Am ersten Verhandlungstag (10.06.) stand ein Bekannter des Ehemanns der getöteten Flugbegleiterin vor Gericht. Die Ermittler gehen davon aus, dass er der Täter war. Im März dieses Jahres gab es den Durchbruch. Laut Staatsanwaltschaft konnten alte Hautschuppen vom Tatort mit neuen Methoden untersucht werden. Sie waren damals auf Klebefolien gefunden worden, mit denen die Leiche abgeklebt worden war.
Auftrags-Mord wegen Geldproblemen?
Nach Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft hatte der mutmaßliche Täter zum Tatzeitpunkt massive finanzielle Schwierigkeiten. 2008 wurde er nach mehreren Raubüberfällen zu einer achtjährigen Haftstrafe verurteilt. Die hat er inzwischen verbüßt. Seit der vergangenen Woche sitzt er aber wegen Mordverdachts in Untersuchungshaft.
Der Ehemann der getöteten 47-Jährigen hatte damals Zeugen zufolge damit gedroht, seine Frau umzubringen oder umbringen zu lassen. Wenige Tage nach dem Tod seiner Frau hatte er sich erschossen. Der damals 14-jährige gemeinsame Sohn wurde innerhalb weniger Tage zum Vollwaisen.
Der Junge hatte die Leiche seiner Mutter 2007 in der gemeinsamen Wohnung gefunden, als er aus der Schule kam.
Intensive Fahndung nach dem Täter
Damals fahndete die Polizei mit einem Phantombild nach einem etwa 35-jährigen Unbekannten, der zur Tatzeit an der Haustür mit der alleinerziehenden Mutter gesprochen haben soll.
Gut zwei Monate nach dem Mord rief sie rund 700 Männer zum DNA-Massentest auf, die meisten von ihnen waren männliche Mitglieder eines Velberter Fitness-Clubs, in dem auch die 47-Jährige trainierte. Doch einen Treffer ergab der Test nicht.
Mord verjährt nicht
Der Leitende Ermittler Ulrich Löhe von der Kreispolizei Mettmann sagte damals: "Mord verjährt nie.(…) Die Erfahrungen zeigen einfach, dass manchmal in Verbindung mit ganz anderen Delikten jemand eine Lebensbeichte ablegt, oder auf einmal jemand einen Hinweis abgibt, der uns in diesem Fall vielleicht wieder weiterbringen könnte.“ Zunächst gab es jedoch keine neuen Ermittlungsansätze. Der Fall wurde ungeklärt zu den Akten gelegt.
Der Durchbruch
Vor zwei Jahren hatten reaktivierte Mordermittler sich solche alte ungeklärten Fälle, sogenannte "Cold Cases" noch einmal vorgenommen. Im Fall der Stewardess aus Velbert offenbar mit Erfolg.