Holy Shit: Erste Kompost-Toilette in Kölner Park

Lokalzeit aus Köln 28.11.2023 Verfügbar bis 28.11.2025 WDR Von Judith Levold

Holy Shit: Erste Kompost-Toilette in Kölner Park

Stand: 27.11.2023, 15:02 Uhr

Menschliche Fäkalien nicht umweltbelastend entsorgen, sondern sie landwirtschaftlich nutzen - das hat sich eine junge Kölner Designerin zur Aufgabe gemacht. Ihre Vision: beim Klogang die Welt retten!

Von Judith Levold

Die Stadt Köln bekommt eine erste Komposttoilette im öffentlichen Raum. Die städtischen Abfallwirtschaftsbetriebe stellen sie an ihrer mobilen Toilettenanlage im Volksgarten auf. Offiziell eröffnet wird sie am Dienstag, den 28. November. Angestoßen hatte das Pilotprojekt eine junge Designerin mit ihrer Masterarbeit.

Heilige Scheiße

Anastasia Bondar steht ungeduldig auf der Leiter vor ihrem nigelnagelneuen Komposttoilettenhäuschen. "Nee, noch was nach unten, oder?“ ruft sie ihrem Freund José zu, aber das Laservermessgerät zickt noch. Dann klappt es doch und die junge Designerin platziert vorsichtig die Folien-Beschriftung auf der Toilettentür, ganz akkurat und parallel zur Kante. Holy Shit steht da – und das ist das Ganze für Bondar auch: Heilige Scheiße, ein Wertstoff, mit dessen Nicht-Nutzung und bisher umweltschädlicher Entsorgung sie sich nicht abfinden will.

Komposttoiletten-Prototyp

Strohgranulat

Strohgranulat

"Ich will eine Sanitär-Wende – von Köln ausgehend, und dann mal sehen“, sagt sie selbstbewusst. Mit ihrer Masterarbeit an der TH Köln International School of Design (KISD) zum Thema Verwertung menschlicher Fäkalien gewann sie den Kölner Designpreis 2022. Das war für sie jedoch nur der Anfang. Schon in der Abschlussarbeit selbst formulierte die 28-Jährige Ziele und Zeiträume, in denen sie weitere Schritte auf ihrem Weg in Sachen Sanitär-Wende - "sanitary change" - festschrieb: etwa den Bau eines Komposttoiletten-Prototyps für den öffentlichen Raum - innerhalb nur eines Jahres.

 Alternative zur Wasserspülung

Und prompt ist ihr das gelungen: "Jo, erledigt", sagt sie mit ein bisschen Stolz in der Stimme. Für ihre Abschlussarbeit hatte sie begonnen, sich mit dem Tabu-Thema Fäkalien und Sanitäranlagen auseinanderzusetzen: Welche Alternativen gibt es zu Wasserspültoiletten? Wie kann man Sanitär- und Verwertungsanlagen nachhaltig gestalten? Bondar baute ein Netzwerk auf und gestaltete neben ihrem Halbtagsjob den Prototypen.

"Es ist ja nicht sinnvoll, dass wir unsere Fäkalien mit aufwändig aufbereitetem Trinkwasser wegspülen und mit den darin enthaltenen Nährstoffen Flüsse, Seen und Meere verseuchen." Anastasia Bondar. Designerin Holy-Shit-Toilette

Selbst erdacht und gestaltet

Holy Shit: Erste Kompost-Toilette in Kölner Park

Natürlich gabelt Designerin Anastasia Bondar ihren "Heiligen Scheiß“ selbst auf

Alles hat sie in vielen Stunden selbst erdacht und gestaltet. Zum Beispiel den Mechanismus, mit dem statt Wasser Strohgranulat auf die Ausscheidungen im Klo gestreut wird. Und bei den Info-Piktogrammen zum Kreislaufgeschehen Nahrung-Fäkalien-Düngung-Nahrung haben andere KISD-AbsolventInnen sie unterstützt.

Kooperation mit städtischer Abfallwirtschaft

In Kooperation mit den städtischen Abfallwirtschaftsbetrieben (AWB) steht also ab jetzt im Volksgarten die erste Komposttoilette im öffentlichen Raum Kölns. Die dort gesammelten Fäkalien werden von den Abfallwirtschaftsbetrieben abgeholt und an den Hygienisierungsstandort Köln Langel gebracht. Anschließend sollen sie in Lindlar kompostieren bei "metabolon", dem Innovationsstandort des Bergischen Abfallverbands.

Sie könnten dann, den Kreislauf schließend, wieder zurück in die Landwirtschaft als düngender Humus gebracht werden. Doch in Deutschland und vielen anderen Ländern ist es derzeit noch nicht erlaubt, Kompost aus verdauter Nahrung in der gewerblichen Landwirtschaft einzusetzen. Aber "das kann ja noch kommen", ist Bondar zuversichtlich.

Dokufilm "Holy Shit" startet

Zum selben Ergebnis kam auch Regisseur Rubén Aruna in seinem - ebenfalls "Holy Shit“ heißenden – Dokumentarfilm. Der hat zeitgleich zur Aufstellung von Anastasia Bondars Komposttoilette seine Kino-Premiere in Köln. Und zeigt viele positive Beispiele, wie Hygiene- und Entsorgungs-, aber auch Düngeprobleme auf einen Schlag gelöst werden können - wenn man den Kreislauf aus Nahrung-Verdauung-Düngung-neue Nahrung wieder schließt.

Quelle:
* Technische Hochschule Köln: Köln International School of Design (KISD)

https://kisd.de/theses/nachhaltige-sanitaerversorgung-anastasia-bondar/

* Dokumentarfilm "Holy Shit", 2023, Kinostart 30.11.23

https://holyshit-derfilm.de

* WDR Reporterin vor Ort