Windkraftausbau - Blockade auf Bezirksebene?
Verfügbar bis 17.09.2028.
Wie die Bezirksregierungen die Windkraft ausbremsen könnten
Stand: 17.09.2023, 12:00 Uhr
Die schwarz-grüne Landesregierung hat viel unternommen, damit der Ausbau der Windkraft in NRW schneller voran geht. Trotzdem könnte er gebremst werden - durch nachgeordnete Behörden und ihre strengen Vorschriften.
Von Fritz Sprengart
Steffen Lackmann schaut mit ernster Miene auf die Brachfläche am Möhnesee, auf der er eigentlich vier Windräder bauen will. Die Planung dafür ist bereits weit fortgeschritten. Doch der Regionalrat Arnsberg könnte ihm einen Strich durch die Rechnung machen.
Steffen Lackmann (links)
In dessen Regionalplanentwurf stehen Kriterien für den Bau von Windkraftanlagen - und sie sind deutlich strenger als bisher. "440 Meter Abstand zu touristisch bedeutenden Seen und Wanderwegen steht in der Vorlage", sagt Lackmann. "Die vier Anlagen, die hier im Genehmigungsverfahren sind, können wir dann vergessen. Das ist wirklich hinterwäldlerisch und völlig willkürlich."
Neuer Regionalplan - viel Ärger
Diese neuen Kriterien sind der Öffentlichkeit noch weitestgehend unbekannt. Sie stehen in einer Beschlussvorlage für den Regionalrat, die dem WDR vorliegt. Die Bezirksregierung Arnsberg hat die Beschlussvorlage ausgearbeitet.
Die Abstandsregel zu "bedeutsamen Seen und Wanderwegen" sei richtig, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme der Behörde. Und weiter: "Die Regionalplanung muss den unterschiedlichen Anforderungen an den Raum Rechnung tragen, dazu gehört auch der Tourismus als ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor in der Region."
Die Vorlage enthält aber noch zahlreiche weitere Beschränkungen. So soll Windkraft in Laub- und Mischwäldern verboten werden. Außerdem sind 300 Meter Abstand zu Vogelschutzgebieten und "1.000 Meter Abstand zu Wohnnutzung" vorgesehen. Vor allem der letzte Punkt sorgt für Wirbel.
1.000 Meter Abstand - Grüne sind dafür, Grüne sind dagegen
Denn die Grünen hatten ihrem Koalitionspartner CDU die 1.000-Meter-Abstandsregel gerade erst abgerungen. Nach einem Landtagsbeschluss muss sie jetzt nicht mehr pauschal angewandt werden. Das heißt aber nicht, dass der Regionalrat in Arnsberg sie nicht trotzdem als Kriterium aufstellen kann. Und genau das wird er wohl tun. Dann wollen auch die beiden grünen Mandatsträgerinnen in dem Gremium für die Vorlage stimmen. Ulrike Burkert ist eine von ihnen. "Ich habe mit etlichen Leuten gesprochen, die wollen kein Windrad 600 Meter vor dem eigenen Haus", sagt sie. "Aus Rücksicht auf diese Anwohner" will sie für die Abstandsregeln stimmen. Es gehe um die "Akzeptanz der Energiewende".
Auch am Regionalplan aus Münster gibt es Kritik
Arnsberg ist bereits die zweite Bezirksregierung, die wegen ihrer strengen Kriterien für den Ausbau von Windkraft in die Kritik gerät. Der Regionalrat Münster hat seine Pläne bereits veröffentlicht und wurde dafür vom Landesverband Erneuerbare Energien (LEE NRW) scharf angegangen. Der Grund: Der Münsteraner Regionalplan weist laut LEE massenhaft Flächen auf, die faktisch mit modernen Windkraftanlagen nicht bebaut werden können.
Ein Sprecher der Bezirksregierung sagte dem WDR auf Anfrage: Es sei zwar möglich, dass einige der ausgewiesenen Flächen, auf denen derzeit alte, kleine Windräder stehen, nicht für neue, große Anlagen geeignet seien. In diesen Fällen werde man aber gemeinsam mit den Kommunen neue Flächen finden und ausweisen.
Energieministerin Neubaur in Erklärungsnot
Dass sowohl in Münster als auch in Arnsberg Grüne die strengen Pläne mittragen, dürfte bei vielen Grünen auf Landesebene schlecht ankommen. Denn hier wird die grüne Wirtschaftsministerin Mona Neubaur daran gemessen, ob sie das Ausbauziel von 1,8 Prozent der Landesfläche für Windkraft bis 2025 schafft. Arnsberg mit seinem ländlichen Raum soll dafür sogar 2,13 Prozent seiner Fläche ausweisen.
"Ich kenne den Entwurf des Regionalrats nicht. Liegt mir nicht vor", sagt Neubaur im Interview mit dem WDR. Eine Botschaft für die Verfechter strenger Kriterien hat sie aber: "Diejenigen, die sagen, alles bleibt wie es ist, die müssen dann auch dem Mittelstand im Sauerland beantworten, wo die günstige Energie herkommen soll."
Die Bezirksregierung Arnsberg geht davon aus, die Landesvorgaben erfüllen zu können. Auch mit strengen Kriterien. Steffen Lackmann ist da skeptisch. Er sieht die insgesamt 40 von ihm geplante Windräder durch die Pläne auf der Kippe. Ein zweiter Windkraftentwickler aus der Region spricht von zehn weiteren Windrädern.