Milliardenkredit, Kohle, Auktions-Modell: Das sind Habecks Pläne zum Gas-Sparen

Stand: 20.06.2022, 09:10 Uhr

Deutschland muss Gas einsparen und bis zum Winter dafür sorgen, dass sich die Speicher wieder füllen. Wie soll das gehen? Mit viel Geld, alten Brennstoffen und Anreizen für die Industrie.

Seit dem Angriffskrieg auf die Ukraine wird darüber debattiert, wie in Deutschland einerseits Gas gespart werden könnte und wie man andererseits neue Quellen finden und auch bezahlen kann. Jetzt liegen weitere Pläne auf dem Tisch.

15-Milliarden-Kredit soll Gaseinkauf erleichtern

Schon in Kürze will die Bundesregierung einen Kredit über die Staatsbank KfW in Höhe von 15 Milliarden Euro zur Verfügung stellen, wie es aus Regierungskreisen hieß. Angesichts steigender Gaspreise soll damit Gas eingekauft werden.

In den vergangenen Tagen habe sich die Lage am Gasmarkt verschärft. Noch könnten die ausfallenden Mengen ersetzt werden, noch laufe die Befüllung der Gasspeicher, wenn auch zu hohen Preisen. Der Gasverbrauch im Strombereich und in der Industrie solle aber nun gesenkt und die Befüllung der Speicher forciert werden, so Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck: "Je nach Lage werden wir weitere Maßnahmen ergreifen."

Längere Nutzung von Kohle

Um wie von Habeck angekündigt weniger Strom mithilfe von Gas zu produzieren, sollen erst einmal weiterhin die Kohlekraftwerke genutzt werden - und zwar für eine längere Übergangszeit als bisher geplant. "Das ist bitter, aber es ist in dieser Lage schier notwendig, um den Gasverbrauch zu senken", so Habeck. Er rief die Betreiber von in Reserve gehaltenen Kohlekraftwerken auf, dass sie "sich schon jetzt darauf einstellen sollten, so dass alles so bald wie möglich einsatzbereit ist". Ein entsprechendes Gesetz dazu soll am 8. Juli im Bundesrat abschließend beraten werden.

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Tauschhandel mit der Industrie: Geld fürs Energiesparen

Eine zusätzliche Idee, die Habeck im Sommer umsetzen will, nennt sich Gas-Auktionsmodell. Das bedeutet: Die Industrie bekommt finanzielle Anreize, um Gas zu sparen. Die angesparte Energie wandert dann in die Speicher für den Winter und dafür bekommen die Industrie-Unternehmen Geld. Der Staat kauft ihnen quasi das gesparte Gas ab.

Diese Idee stößt in der Industrie auf Zustimmung. "Wir müssen den Verbrauch von Gas so stark wie möglich reduzieren, jede Kilowattstunde zählt", sagte Industriepräsident Siegfried Russwurm und betonte: "Priorität muss sein, die Gasspeicher zu füllen für den kommenden Winter."

Allerdings müsse Deutschland möglichst auch viele andere Quellen auftun, so Russwurm. Unternehmen müssten umstellen zum Beispiel auf Öl, wo das gehe. "Aber eine Reihe industrieller Prozesse funktioniert nur mit Gas. Ein Gasmangel droht zum Stillstand von Produktion zu führen", so der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie.

Gasspeicher sind aktuell über 57 Prozent gefüllt

"Wir sind bei der Befüllung jetzt bei über 57 Prozent", sagte der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, am Montag anlässlich einer Energiekonferenz in Essen. "Wir haben etwas aufgeholt." In zwölf Wochen beginne aber bereits die Heizsaison.

Klimapolitisch keine leichte Entscheidung

Auch für den Plan, verstärkt auf Kohlestrom zu setzen, um unabhängiger von russischem Gas zu werden, gibt es Akzeptanz. Klimapolitisch sei dies zwar keine leichte Entscheidung, so der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, im Gespräch mit dem "Tagesspiegel". "Um den Gasverbrauch bei der Stromerzeugung zu reduzieren, ist das aber notwendig."

Russwurm betonte in diesem Zusammenhang den Ausbau erneuerbarer Energien, der massiv beschleunigt werden müsse. "Deutschland muss sich endlich von lähmenden Klein-Klein-Debatten und Blockadehaltungen verabschieden und beim Erneuerbaren-Ausbau runter von der Bremse." Politik und Verwaltung müssten schleunigst den Turbo einschalten für die Ausweisung neuer Flächen für Windkraft- und Solarkraftanlagen und für schnellere Genehmigungen.