Alle sollen Energie sparen: Habeck startet Kampagne

Stand: 10.06.2022, 15:42 Uhr

Kälter duschen, weniger heizen: Wirtschaftminister Habeck (Grüne) hat am Freitag eine Kampagne zum Energiesparen vorgestellt. Doch nicht nur Mieter und Privatpersonen, auch Vermieter und Unternehmen sollen sich beteiligen.

"Wer Energie spart, schützt das Klima, stärkt das Land und schont den Geldbeutel": Dieses Motto hat sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) auf die Fahne geschrieben und am Freitag in Berlin eine neue Kampagne des Bundes zum Energiesparen vorgestellt. "Es braucht den Abschied von fossilen Energien, um unabhängiger zu werden und die Klimaziele zu erreichen", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung von Wirtschaftsministerium und diversen Verbänden wie dem Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), dem Umwelt-Dachverband Deutscher Naturschutzring (DNR) sowie dem Verbraucherzentralen-Bundesverband (vzbv).

Mit der Kampagne werden alle gut 80 Millionen Bürgerinnen und Bürger aufgerufen, gemeinschaftlich beim Energiesparen Tempo zu machen. "Wer Energie spart, hilft, dass Deutschland unabhängiger von russischen Importen wird und tut was fürs Klima", erklärte Habeck. Begleitet wird die Aktion von Anzeigen, einer Telefon-Hotline, Veranstaltungsreihen sowie Förderprogrammen und Energieberatungs-Angeboten.

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Habeck verwies auch auf die aktuell hohen Energiepreise, die Verbraucherinnen und Verbraucher ebenso wie Unternehmen belasteten. Hier drohe ein "ganz schwieriger Herbst", wenn Mieterinnen und Mieter ihre Heizkostenabrechnungen und neuen Abschlagsbeträge erhielten. "Allein schon deshalb ist Energiesparen dringend notwendig", betonte der Minister.

Gründe fürs Energiesparen: Kosten, Umwelt, Ukraine-Krieg

Bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern ist Energiesparen auch ohne Kampagne bereits ein großes Thema. Laut einer Umfrage des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) haben 77 Prozent der Befragten in den vergangenen Monaten bewusst Energie gespart. Rund zwei Drittel nannten als Hauptmotivation für den sparsameren Umgang die gestiegenen Kosten. Rund jeder Fünfte spart aus Gründen des Umweltschutzes, den Ukraine-Krieg nannte jeder Zwanzigste als Hauptgrund.

Die meisten Befragten haben mehrere Maßnahmen ergriffen. Rund jeder Zweite gab an, die Raumtemperatur gesenkt, beim Verlassen des Hauses verstärkt auf eine heruntergedrehte Heizung geachtet oder weniger Räume beheizt zu haben. Weniger oder kürzer duschen und mehr Stoßlüften sind weitere Maßnahmen.

Kühlschrank, Trockner, Dusche: Überall kann gespart werden

Und auch im Sommer, wenn die Heizung ohnehin nicht läuft, gibt es noch Sparpotenzial. So senkt laut Verbraucherzentrale NRW jedes Grad, das der Kühlschrank weniger kühlen muss, den Stromverbrauch des Gerätes um sechs Prozent. Eine Temperatur von sieben bis acht Grad sei durchaus ausreichend. Auch den Wäschetrockner könne man bei warmen Temperaturen öfter weglassen - pro Durchgang lasse sich so circa 1 Euro sparen. Auch für kleine Beiträge einzelner Menschen wie das Wechseln des Duschkopfs, das regelmäßige Abtauen des Gefrierfachs oder die Umstellung der Beleuchtung auf LED gelte laut Habeck: "Wenn viele das machen, bringt das in der Summe wirklich was."

Sanierungsunwillige Vermieter sollen sich künftig an Heizkosten beteiligen

Doch Energiesparen soll laut den Plänen des Wirtschaftsministeriums nicht nur bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern stärker in den Fokus rücken. So soll die Sanierung von alten Fenstern, Türen und Heizungen in Wohngebäuden besser gefördert werden. Dabei wird der Druck auf die Vermieter erhöht. Diese sollen sich in Zukunft an einem Teil der Heizkosten in den Mietwohnungen beteiligen, wenn die Energiebilanz des Gebäudes zu schlecht ist. Bislang tragen Mieter diese Kosten allein.

Weiter will Habeck mehr Anreize für den Bau von Wärmepumpen schaffen, grünen Wasserstoff fördern und energieintensive Branchen mit Fördermitteln zu klimaschonenderen Produktionsweisen animieren. Auch im eigenen Haus soll laut Habeck Energie gespart werden. So soll der Höchstwert der Klimaanlage im Bundeswirtschaftsministerium von 22 auf 26 Grad angehoben und die Nachtbeleuchtung am Gebäude ausgeschaltet werden.

Kritik von Umweltschützern: "Nicht nur an einzelne Haushalte wenden"

Umweltschützer sehen die Kampagne der Bundesregierung zum Energieverbrauch kritisch. "Eine Werbekampagne, die sich an einzelne Haushalte wendet, würde der Größe der Aufgabe nicht gerecht", sagte die Geschäftsführerin des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (Bund), Antje von Broock. Große Schritte seien nur mit "verbindlichen Maßnahmen" zu erreichen. "Zehn Prozent weniger Energieverbrauch in allen Sektoren sind das Ziel, an dem sich vor allem Industrie und Bundesregierung messen lassen müssen", so van Broock am Freitag.

Für Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe (DUH), ist Habecks Kampagne eine "Nebelkerze". Sie kritisierte, dass die Kampagne rein auf Appelle setze. Die strukturellen Probleme durch einen ineffizienten und alten Gebäudebestand würden nicht angegangen, überfällige staatliche Maßnahmen zur Effizienzsteigerung fehlten. "Anstatt dass Habeck selbst tätig wird, verschiebt er die Verantwortung vor allem auf die Verbraucherinnen und Verbraucher und gibt Duschkopf-Tipps", sagte sie am Freitag.

Greenpeace bemängelt Inkonsequenz der Regierung

Greenpeace-Deutschland-Chef Martin Kaiser warf der Regierung vor, sich erst im vierten Kriegsmonat mit dem Thema zu beschäftigen. Während Habeck die Menschen zum Sparen aufrufe, subventioniere FDP-Verkehrsminister Volker Wissing mit seinem milliardenschweren Tankrabatt den Spritverbrauch: "Das ist als würde der eine einen Brand löschen, während der andere Briketts nachwirft", sagte Kaiser.

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