Kabelklau sorgt für Bahnausfälle
Aktuelle Stunde . 26.04.2024. 17:55 Min.. UT. Verfügbar bis 26.04.2026. WDR. Von Jennifer Kerkhoff.
Kabelklau bei der Bahn: So groß ist das Problem mit Metalldiebstahl
Stand: 26.04.2024, 19:32 Uhr
Metalldiebe haben den Bahnverkehr rund um Bochum am Freitag massiv beeinträchtigt. Wie groß ist der Schaden durch Kabelklau? Fragen und Antworten.
Von Jörn Seidel
Zwei der drei mutmaßlichen Metalldiebe in Bochum hat die Bundespolizei auf frischer Tat geschnappt. Andere Fälle bleiben unaufgeklärt. Wieso kommt es regelmäßig zu Diebstahl von Kupferkabeln und anderem Metall bei der Bahn, auf Baustellen und Metall-Betrieben? Und was ist zu tun, wenn man Zeuge ist? Ein Überblick.
Wie häufig werden Kabel und andere Metallteile geklaut?
Die Deutsche Bahn war 2023 in rund 450 Fällen von Metalldiebstahl betroffen - ein leichter Anstieg gegenüber dem Vorjahr. Das teilt eine Bahn-Sprecherin dem WDR mit. Im langjährigen Vergleich seien die Fallzahlen allerdings stark zurückgegangen - um 86 Prozent.
Auch der Verband Deutscher Metallhändler und Recycler registriert mittlerweile deutlich weniger Fälle von Metalldiebstahl als noch vor zehn Jahren, wie der Verein dem WDR mitteilt. Das Problem sei aber weiterhin da - "mit kontinuierlich etwa einem größeren Fall pro Monat", sagt Kilian Schwaiger, Geschäftsführer des Verbands. Dabei gehe meistens um deutlich mehr Mengen als bei der Bahn, nämlich um eine bis zehn Tonnen und mehr pro Diebstahl.
Wie groß ist der Schaden für Bahn, Kunden und andere Unternehmen?
"Der materielle Schaden durch Buntmetalldiebstähle beläuft sich 2023 bundesweit auf rund sieben Millionen Euro", sagt die Bahn-Sprecherin.
Reparatur nach Metalldiebstahl
Aber selbst materiell kleinere Schäden können für die Bahnkunden große Auswirkungen haben - vor allem dann, wenn sicherheitsrelevante Teile gestohlen werden. "Ist die Leit- und Sicherungstechnik gestört, fallen Züge aus oder kommen verspätet ans Ziel. Sind Baustellen vom Diebstahl betroffen, verzögert sich die Fertigstellung."
Kilian Schwaiger
Schwaigers Einschätzung zum Metalldiebstahl in Deutschland: "Der Schaden ist groß, aber nicht so groß, dass unsere Volkswirtschaft massiv beeinträchtigt wird." Dass man das Problem heute besser im Griff habe als früher, bedeute nicht, dass man es vernachlässigen dürfe, meint er.
Das Problem sei einfach kontinuierlich da. Und dabei zeige sich:
Warum sind Kupferkabel und andere Metallteile so begehrt?
"Metalle haben stets einen positiven Marktwert", sag Schwaiger. Kupfer zum Beispiel wird an der Londoner Metallbörse aktuell mit fast 10.000 US-Dollar pro Tonne gehandelt. "Bei Kupferschrott gibt es natürlich Abschläge. Trotzdem kann so ein Laster mit Kupferschrott gut mal 100.000 Euro einbringen."
Die Nachfrage nach Kupfer, aber auch nach anderen Metallen, ist groß - zum Beispiel für Stromleitungen, E-Autos und weitere Elektronik.
Wie klaut man diese Mengen an Kupfer?
Wie jetzt in Bochum sind nicht selten mehrere Metalldiebe am Werk. Das liege daran, dass das Diebesgut auch abtransportiert werden müsse, sagt Jens Flören von der Bundespolizeidirektion Sankt Augustin dem WDR.
In vielen Fällen könne man durchaus sagen, dass die Täter "strukturiert" vorgehen und nicht nur einmal klauen, so Flören. Von organisierter Kriminalität könne man aber nicht sprechen.
Unter den Metalldieben seien auch immer wieder Einzeltäter und Gelegenheitstäter, zum Beispiel Drogenabhängige, die Geld für neuen Stoff brauchen.
Dem Bundeskriminalamt liegen zum "Organisationsgrad der Tätergruppierungen keine tiefergehenden Informationen" vor, teilt die Behörde auf WDR-Anfrage mit. "Die Täter sind überwiegend entweder Deutsche oder Osteuropäer."
Wie schützen sich Bahn und Metall-Händler vor Kabelklau?
Den Rückgang an Fällen von Metalldiebstahl bei der Bahn erklärt das Staatsunternehmen durch neue Sicherheitsvorkehrungen. "Wo es möglich ist, werden alternative Materialien eingesetzt, bestehende Anlagen und Baustellen werden technisch geschützt und besser bewacht", sagt die Sprecherin.
Auch bei Metall-Händlern, in der Industrie oder auf Baustellen gebe es zahlreiche Sicherheitsvorkehrungen, sagt Schwaiger. Außerdem lasse sich Hehlerware nicht so einfach verkaufen. Die Altmetallhändler seien darauf geschult, Teile, die zum Beispiel von der Bahn stammen könnten, zu erkennen.
Außerdem leitet der Verband seinen Mitgliedsunternehmen regelmäßig Diebstahlmeldungen weiter. "Darin geht es dann nicht nur um Tatort und Tatzeit, sondern auch um die Art und Menge des gestohlenen Metalls, was für Teile das sind - etwa Kabel oder Kupferbolzen, welches Branding sie haben oder eine bestimmte Markierung, mit dem man das Material erkennen kann."
Außerdem stellen die Altmetallhändler die Personalien der Anbieter fest. In Kombination mit künstlicher DNA an Metallteilen komme man manchen Tätern somit auch später noch auf die Schliche, sagt Bundespolizist Flören.
Was tun, wenn man einen Metalldiebstahl beobachtet?
"Wer einen Metalldiebstahl beobachtet, sollte sofort die 110 rufen", sagt Flören. Dadurch werde dann die Bundespolizei verständigt, die sofort reagieren könne.
Zwar dürfe man sich nicht selbst in Gefahr bringen, so der Polizei-Sprecher. Fotos von Tat und Tätern könnten aber bei den Ermittlungen helfen. Wertvoll sei auch, wenn Zeugen Täter möglichst genau beschreiben können.
Über dieses Thema berichteten wir am 26.04.2024 um 12 Uhr auch bei "WDR aktuell - Der Tag" bei WDR 5.
Unsere Quellen:
- Jens Flören, Bundespolizei, im Gespräch mit dem WDR
- Kilian Schwaiger, Geschäftsführer Verband Deutscher Metallhändler und Recycler e.V., im Gespräch mit dem WDR
- Deutsche Bahn, auf WDR-Anfrage
- Bundeskriminalamt, auf WDR-Anfrage
- Nachrichtenagentur dpa