Apples Datenbrille: Die virtuelle Welt im eigenen Zuhause
Stand: 06.06.2023, 09:19 Uhr
Hersteller Apple hat wie erwartet eine Datenbrille vorgestellt: "Vision Pro" präsentiert AR- und VR-Inhalte und lässt sich mit Handgesten steuern. WDR-Digitalexperte Jörg Schieb über die Hintergründe des neuen Hightech-Spielzeugs.
In Insiderkreisen wurde schon seit Wochen über diese Markteinführung spekuliert: Nun hat Hersteller Apple tatsächlich eine neue Art von Datenbrille vorgestellt, die sich mit herkömmlichen VR-Brillen, wie sie bei Virtual-Reality-Games verwendet werden, nicht im Geringsten vergleichen lässt – auch wenn sie auf den ersten Blick ganz ähnlich aussieht.
Apples "Vision Pro" getaufte Brille ist vielmehr eine Kombination aus VR-Brille (hier tauchen Benutzer komplett in die virtuelle Welt ein und sehen nichts von der echten Umgebung) und Augmented-Reality-Brille. Echte und virtuelle Welt verschmelzen miteinander. Wir kennen das von AR-Apps: Mit dem Smartphone in der Hand lassen sich Möbel virtuell im Raum platzieren. Mit einer Brille auf der Nase ist die Illusion perfekt.
Die Brille ist vollgestopft mit Elektronik: 12 Kameras, diverse Sensoren und reichlich Rechen-Power sind nötig, um echte und virtuelle Welt zu verschmelzen
Apple selbst spricht vom ersten "räumlichen Computer", da das Gerät nahtlos digitale Inhalte und physische Welt miteinander verbindet – auf eine Art und Weise, wie wir auch Mobilgeräte bedienen.
Augmented Reality: Echte und virtuelle Welt verschmelzen
Der Schwerpunkt der etwas klobigen Brille liegt eindeutig im Einsatz der "Augmented Reality": Wer das rund 3.500 Euro teure Gerät aufsetzt, sieht durch die halbdurchlässige Brille weiterhin seine aktuelle Umgebung – aber angereichert mit Icons, Fenstern, Fotos, Videos und Animationen, die im Raum zu schweben scheinen.
Die ersten Studien, die Hersteller Apple in Produktvideos zeigt, haben den Anschein von Science-Fiction. Inhalte schweben scheinbar im eigenen Wohnzimmer. Die Menschen bedienen die Brille und dahinter liegende Anwendungen per Fingertippen im Raum – und durch Gesten wird gescrollt oder ein Fenster vergrößert. Es braucht keinen weiteren Controller. Zwölf Kameras erfassen jedes Detail des umgebenden Raums, aber auch die Hände – und reagieren auf etwaige Bedienung. Auch eine Bedienung per Sprachbefehle ist möglich.
Fotos, Videos oder Filme schweben im Raum
Wer die Brille aufsetzt, sieht die Fenster im Raum schweben – bedient wird per Handgesten
Wer mag, kann die Brille benutzen, um sich Fotos oder Videos anzuschauen – und das größer, als jedes Display, sogar jeder Fernseher es könnte. Geplant ist sogar, dass das Display eines Mac-Geräts – etwa ein Notebook – mit der Brille deutlich vergrößert werden kann. Auf diese Weise Inhalte zu konsumieren oder gar Anwendungen zu bedienen erfordert zweifellos etwas Gewöhnung.
Der Schwerpunkt der Anwendung liegt im Einsatz zu Hause: Wer die Brille aufsetzt, kann zwar die Umgebung sehen, wird so aber kaum durch Museen gehen oder sich in der Öffentlichkeit zeigen. Auf einer langen Flugstrecke könnte die Brille den Nutzer aber mühelos von der lauten und unruhigen Umgebung abkapseln. Die Brille verfügt auch über eine räumliche Akustik.
Spezielles Außendisplay ermöglicht Augenkontakt
Die neue Datenbrille von Apple bietet dem Träger VR und AR, während Personen im Raum sogar Augenkontakt aufnehmen können
Auch hat Apple ein Problem gelöst, das bislang noch kein Hersteller angegangen ist: Damit andere Personen im Raum Kontakt aufnehmen können mit Menschen, die Apples Datenbrille tragen, gibt es eigens auf der Vorderseite ein OLED-Display. Das zeigt anderen Personen im Raum die Augen der Nutzer dreidimensional an. Auf diese Weise können beide Augenkontakt aufnehmen, ohne dass die Brille abgesetzt werden muss.
Der Preis hat es allerdings in sich: Die Datenbrille Vision Pro soll bei einem Preis von 3.500 US-Dollar starten und Anfang 2024 auf den Markt kommen. Einen Europreis gibt es noch nicht, außerhalb der USA soll das Headset später im Jahr 2024 erscheinen. Mit der frühen Vorstellung des neuen Spielzeugs für Nerds und "Early Adaptors" will Apple vor allem erreichen, dass sich Entwickler auf das neue System stürzen – und Anwendungen (Apps) entwickeln.
Über den Autor
WDR-Digitalexperte Jörg Schieb
Jörg Schieb, Jahrgang 1964, ist WDR-Digitalexperte und Autor von 130 Fachbüchern und Ratgebern. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Digitalisierung und deren Auswirkungen auf unseren Alltag.