Paris 1968. Ein Ende des Vietnamkriegs, darauf hofft die Welt, als sich in Frankreichs Hauptstadt Unterhändler der verfeindeten Parteien USA und Nordvietnam zu Gesprächen treffen. Doch früh gibt es Streit. Über die Größe des Konferenztischs, über seine Form: rund oder eckig.
Zwölf Vorschläge unterbreiten die USA, acht präsentiert Nordvietnam. Zwei Monate und zwölf Tage dauert es, bis sich die Delegierten auf diese und andere Details geeinigt haben: Rund. Vier Meter Durchmesser. Links und rechts zwei weitere Tische, die aber eckig, für die Dolmetscher und Stenographen. Exakt 45 Zentimeter misst die Lücke dazwischen.
Schwierige Gespräche
Unterdessen wird in Vietnam weiter gekämpft und weiter gestorben. Ab Januar 1969 laufen offiziell die Verhandlungen. Oder auch nicht. Meist herrscht Schweigen an dem schönen runden Tisch im Pariser Kongresszentrum.
Richard Nixon war von 1969 bis zu seinem Rücktritt 1974 US-Präsident
Ernsthafte Gespräche führen, ab und an, insgeheim und am Stadtrand, zwei Männer, denen man später für ihre Bemühungen den Friedensnobelpreis verleiht: US-Präsident Nixons engster Berater Henry Kissinger, und dessen nordvietnamesischer Gegenpart Le Duc Tho. So vergehen beinahe vier Jahre.
Massive Luftangriffe während Verhandlungen
Der Krieg geht weiter - unter anderem mit dem flächendeckenden Einsatz des Pflanzenvernichtungsmittels Agent Orange, so genannt nach der orangefarbenen Markierung der Fässer. Und als schon ein Friedensvertrag auf dem runden Tisch liegt, befiehlt US-Präsident Nixon noch ein grausames Fanal: massive Luftangriffe auf – angeblich – militärische Ziele in und um Hanoi und Haiphong.
Über Weihnachten 1972 wirft ein Verband aus 200 Kampfbombern rund 20.000 Tonnen Explosivmaterial ab. Rund 3.000 Zivilisten kommen ums Leben.
Am 27. Januar 1973 verkündet Nixon, dass ein Abkommen besiegelt ist. "An agreement to end the war and bring peace with honor", heißt es. Ein ehrenvoller Frieden? Erst später wird klar: Der Republikaner Nixon hatte den Frieden hinauszögert, um seine Chancen bei der Wahl 1972 zu erhöhen. Erst nach seinem Erdrutschsieg gegen den demokratischen Herausforderer George McGovern wird Nixon zum Präsidenten, der den Krieg beendet.
Die USA akzeptieren, dass bis zu 145.000 nordvietnamesische Kämpfer im Süden blieben. Kaum sind die Amerikaner weg, greift der kommunistische Norden die Republik Südvietnam an. Zwar hatte Nixon den Südvietnamesen Militärhilfe zugesichert, sogar schriftlich, in Briefen an Machthaber Thiu – sollte es zu erneuten Konflikten kommen. Diese Unterstützung verweigert aber dann der Kongress in Washington. Die Amerikaner sind viel zu froh, dass sie raus sind aus dem heillosen Konflikt.
1975 fällt Saigon
In den Vereinigten Staaten sind jetzt andere Themen wichtig: der Watergate-Skandal, das Impeachment, dann der Rücktritt Nixons im August 1974. Am 29. April 1975 kommt es schließlich zum Fall von Saigon, der damaligen Hauptstadt des Südens. Dramatische Fluchtszenen spielen sich ab. Der kommunistische Norden gewinnt. Die Kapitulation des Südens macht den Weg zur Wiedervereinigung Vietnams frei.
Millionen Vietnamesen verlieren im Vietnamkrieg ihr Leben, manche Quellen sprechen von sechs Millionen Toten. Weitere Millionen werden in die Flucht getrieben. Knapp 60.000 US-Soldaten sterben in diesem Krieg.
Autorin des Hörfunkbeitrags: Almut Finck
Redaktion: David Rother
Programmtipps:
ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 27. Januar 2023 an den Rückzug der USA aus Vietnam. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.
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