Sie kleben wieder: Muss das sein?
Dieses Kapitel der Protestgeschichte schien geschlossen: Festkleben und Lahmlegen. Öffentliche Zustimmung gab es kaum. Die Aktionen wurden eingestellt. Jetzt sind sie wieder da und überraschen Flugreisende und Flughäfen. Muss das sein? Das wüsste Carolin Courts gerne von Ihnen. Im WDR 5 Tagesgespräch.
Erst Köln, jetzt Frankfurt: Die 'Letzte Generation' hat mit Protestaktionen zwei große deutsche Flughäfen lahmgelegt, pünktlich zur Ferienzeit. Ihr Ziel: Sie fordern den Ausstieg aus fossilen Energieträgern und nennen ein Ultimatum. An Straßen wollen sie sich nicht mehr festkleben, dafür direkt an den "Orten der Zerstörung" protestieren: Die 'Letzte Generation' ist mit ihren Klebe-Protesten zurück.
Zunächst hatten sich Mitglieder der Gruppe Zugang zum Rollfeld des Flughafens Köln-Bonn verschafft und damit den Flugverkehr für mehrere Stunden gestört. Einen Tag später ist auch der Flughafen in Frankfurt betroffen: Auch hier hatten sich Mitglieder auf dem Rollfeld festgeklebt.
Das Ziel: Sie fordern einen Ausstieg aus fossilen Energieträgern bis 2030. Lina Johnsen, Pressesprecherin der Aktivisten sagt: "Flughäfen sind der Inbegriff der Klimakatastrophe." Die Aktion sei Teil einer internationalen Protestkampagne. Am Londoner Flughafen Heathrow, am Osloer Flughafen und auch in Spanien und Finnland kam es zu ähnlichen Vorfällen.
Mitten in den Sommerferien sorgt dieser Protest für viel Ärger bei den Passagieren: Vor vielen Schaltern der Airlines bildeten sich lange Schlangen, Passagiere mussten abflugbereite Flugzeuge wieder verlassen. Besonders für Familien mit Kindern war das eine zusätzliche Belastung. Die Protestaktionen hatten schon bei der ersten Welle wenig Rückhalt in der Bevölkerung. 85 Prozent urteilten, dass die Bewegung "häufig in ihren Protestaktionen zu weit gehe".
Bundesinnenministerin Nancy Faeser bezeichnet die Aktion als “gefährlich, dumm und kriminell”. Die Bundesregierung plant deshalb eine Änderung des Luftsicherheitsgesetzes. Für das unberechtigte Eindringen auf Rollfelder und Landebahnen sollen bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe möglich sein. Der Flughafenbetreiber Fraport prüft mögliche Schadensersatzklagen gegen die Letzte Generation – diese könnten in Millionenhöhe ausfallen.
Urlaub oder Klimarettung. In der Logik der selbsternannten Klimaretter läuft es darauf hinaus, wenn der Flugbetrieb gestört wird in der Hauptreisezeit. Können die Aktivisten damit das Klima retten? Es werden öffentlichkeitswirksam und offen Straftaten begangen, um politische Ziele zu erreichen. Das unterscheidet die Aktivisten von Straftätern, die sich bereichern wollen. Sollte unser Strafrecht auch einen Unterschied machen?
Das Luftsicherheitsgesetz wird überarbeitet, Haftstrafen für Klimakleber werden möglich. Was halten Sie davon? Ist es noch möglich, mit den Aktivisten einen gemeinsamen Weg zu besserem Klimaschutz zu finden?
Rufen Sie uns während der Sendung an (WDR 5 Hotline 0800 5678 555).
Gast: Dr. Jasper Finkeldey, Politikwissenschaftler
Redaktion: Willi Schlichting und Beate Wolff