Gelb-Schwarzes Schild mit der Aufschrift "Zukunft"

Leben in der Krise: Wie junge Menschen in die Zukunft sehen

Stand: 31.10.2023, 20:17 Uhr

Hamas-Terror, Ukraine-Krieg, Erderwärmung: Es gibt derzeit viele Gründe, Angst vor der Zukunft zu haben. Gerade bei jungen Menschen stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage: Kinder kriegen ja oder nein?

Gerhart Baum hat viel erlebt. Der 91-Jährige war Bundesinnenminister, arbeitete für die Vereinten Nationen, vertrat als Anwalt viele Betroffene der Loveparade-Katastrophe. Ein Politikprofi, der seit Jahrzehnten das aktuelle Geschehen verfolgt. Dennoch wurden viele Menschen hellhörig, als Baum am Montag in der ARD-Sendung "Hart aber fair" sagte: "Die Welt ist aus den Fugen geraten" und später noch ergänzte: "Ich war noch nie so besorgt wie heute."

Eine Ansicht, zu der man auch kommen kann, wenn man Christian Mölling hört. Der Experte für Sicherheits- und Verteidigungspolitik bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik sagt, die Deutschen müssten verstehen, "dass wir nicht in so sicheren Zeiten leben". Die Gefahr eines weiteren Krieges in Europa hält er für real: "Wir müssen davon ausgehen, dass Russland in sechs bis zehn Jahren möglicherweise eine militärische Stärke erreicht hat, die es dem Land erlaubt, zum Beispiel den nördlichen Teil Europas anzugreifen", sagte er dem WDR.


Neben militärischen Bedrohungen macht auch der Klimawandel Angst

Und zusätzlich zu den militärischen Bedrohungen gibt es ja auch noch den Klimawandel, der vielen Menschen Angst macht. So ist sich beispielsweise das EU-Institut Copernicus nach Auswertung der aktuellen Daten sicher: Das Jahr 2023 wird das global wärmste seit Beginn der Aufzeichnungen werden. Und auch im kleineren lokalen Rahmen sind die Zahlen erschreckend: Laut der WDR-Wetterredaktion waren die Temperaturen in NRW im September bis zu fünfeinhalb Grad wärmer als im Durchschnitt.

Laut Studie blicken viele besorgt in die Zukunft

Angesichts dieser Vielzahl an schlechten Nachricht scheint es verständlich, wenn viele Menschen besorgt in die Zukunft blicken. Zu diesem Ergebnis kommt auch eine aktuelle Studie, die das Sinus-Institut für die Allianz-Stiftung durchgeführt hat. Eine der Hauptaussagen der "Movers of Tomorrow"-Studie, die heute in vielen Medien von "Zeit" bis "Spiegel" aufgegriffen wurde, betrifft die Einstellung von jungen Erwachsenen zwischen 18 und 39 Jahren zur Zukunft. Der Aussage "In Zeiten wie diesen verstehe ich, wenn Menschen zögern, Kinder zu bekommen" stimmten 78 Prozent der Befragten zu. Doch wie stark hat eine Aussage in einer Umfrage mit der Wirklichkeit zu tun? Muss man befürchten, dass 80 Prozent der jungen Generation kinderlos bleibt?

Derzeit lässt sich zumindest in der Geburtenrate kein solch drastischer Trend verzeichnen. So kamen im Jahr 2022 rund 7 Prozent weniger Kinder als im Vorjahr zur Welt. Im Jahr 2021 gab es allerdings in Deutschland auch überdurchschnittlich viele Geburten - mit 795.492 waren es so viele wie seit 1997 nicht mehr. Die Geburtenrate von durchschnittlich 1,46 Kindern pro Frau war im Jahr 2022 zwar so niedrig wie seit zehn Jahren nicht mehr. Allerdings war diese damit immer noch höher als zum Anfang des Jahrtausends. Bevölkerungswissenschaftler haben errechnet, dass die Geburtenrate im Durchschnitt bei 2,1 liegen muss, damit die "Reproduktion der Bevölkerung" gewährleistet ist, sprich: Dass die Geburten die Todesfälle ausgleichen. Dieser Wert ist aber seit Mitte der 1970er Jahre nicht mehr erreicht worden.

Wie junge Menschen die Lage beurteilen - eine kleine Umfrage

Und was sagen Betroffene selbst? Wir haben einige junge Menschen in der Düsseldorfer Zentralbibliothek gefragt, wie sie in die Zukunft blicken.

David Dan beschäftigt der Ukraine-Krieg

David Dan

Der Student David Dan sagte dem WDR angesichts der Konfliktherde in der Ukraine und in Israel sowie der wirtschaftlichen Lage, schwierige Zeiten habe es schon immer gegeben. In die Zukunft blickt er nach eigenen Angaben "neutral": "Menschen hatten es schon immer schwer - aber auf lange Sicht hat es meistens geklappt."

Yousoo Kangs Blick in die Zukunft

Yousoo Kang

Für die Studentin Yousoo Kang ist der Klimawandel ein Thema, das ihr große Sorgen bereitet. Ähnlich äußert sich Vanessa Finkeldei. Allerdings solle man nicht zu negativ gestimmt sein, meint die Studentin. Schließlich könne jeder etwas tun, um das Klima zu schützen - etwa weniger Autofahren und Verpackungen vermeiden.

Vincent Warnecke blickt mit Hoffnung in die Zukunft

Vincent Warnecke

Der Student Vincent Warnecke sagte dem WDR, er sehe sich in zehn Jahren als Familienvater. Wenn man eine Familie gründen möchte, dann helfe es nicht, pessimistisch zu sein. "Feste Beziehungen aufzubauen, das ist wichtiger denn je", so Warnecke mit Blick auf die wirtschaftlich und politisch unsicheren Zeiten.