Grevenbroich, Nordrhein-Westfalen, Deutschland - Windraeder im Windpark vor RWE Kraftwerk Neurath am Tagebau Garzweiler

RWE verdoppelt Gewinn: Wie kann das sein inmitten der Energiekrise?

Stand: 11.08.2022, 14:47 Uhr

Der Essener Energieriese RWE macht im ersten Halbjahr einen Milliarden-Gewinn - während andere in der Ernergiekrise leiden. Der Konzern rechtfertigt sich - und erntet trotzdem Kritik.

Von Jörn Seidel

Mitten in der Energiekrise verkündet der Essener Energiekonzern RWE am Donnerstag einen Milliardengewinn - weit höher als erwartet. Sogar auf die Gas-Umlage will der Konzern verzichten. Wie ist das möglich? Und was würde eine Übergewinnsteuer bringen? Fragen und Antworten.

Warum profititiert RWE in der Energiekrise, während andere Konzerne und Menschen leiden?

Der Krieg Russlands gegen die Ukraine wirbelt den Energiemarkt durcheinander. Der größte deutsche Gasimporteur, Uniper aus Düsseldorf, stand bereits kurz vor der Pleite. Die Bundesregierung musste in das Unternehmen einsteigen - und will mit Milliarden Euro helfen.

RWE hingegen ist Krisen-Gewinner: Allein im ersten Halbjahr konnte der Konzern seinen Gewinn (bereinigtes Ebit) auf 2,1 Milliarden Euro verdoppeln. Der bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen stieg um mehr als ein Drittel auf 2,8 Milliarden Euro.

Ein Grund dafür: RWE beziehe "vergleichsweise wenig Gas aus Russland", sagte Vorstandschef Markus Krebber am Donnerstag bei der Pressekonferenz zum Halbjahresbericht des Konzerns.

Stattdessen konnte sich RWE den verrückt spielenden weltweiten Energiehandel zunutze machen. Man habe von den Preisen am Markt profitiert - und zwar bei allen Energieträgern, wie Krebber auf Nachfrage des WDR erklärte.

Weitere Gründe für den Gewinn bei RWE: Gas- und Wasserkraftwerke liefen europaweit öfter als geplant. Außerdem setzt der Konzern zunehmend auf erneuerbare Energien. Diese sind gefragt - und das zahlt sich aus. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum konnte RWE seine weltweite Produktion von grünem Strom - gemessen in Gigawattstunden - im ersten Halbjahr 2022 um ein Fünftel steigern.

Von den gestiegenen Strompreisen für Kohle und Atomkraft konnte RWE hingegen nicht profitieren. Denn die Mengen wurden schon im Voraus verkauft, als die Preise noch niedrig waren.

Ist angesichts der hohen Gewinne von RWE nicht eine Übergewinnsteuer nötig?

Seit Monaten diskutiert die Politik über eine Übergewinnsteuer. Denn in der Energiekrise profitieren manche Unternehmen übermäßig stark, während andere Firmen und viele Menschen leiden. Eine solche Steuer würde einen über den "Normalgewinn" hinausgehenden Unternehmensgewinn belasten. Entsprechende Pläne gibt es in Spanien, Großbritannien, Ungarn und Italien. Die Bundesregierung ist sich uneins: SPD und Grüne sind dafür, die FDP dagegen.

Bei RWE könnte sich eine Übergewinnsteuer sogar nachteilig auf die Ziele der Bundesregierung auswirken. Denn der Konzern reinvestiert seine Gewinne überplanmäßig stark in erneuerbare Energien. Im laufenden Jahr seien dafür fünf Milliarden Euro vorgesehen, so RWE-Chef Krebber. Und er versicherte:

"Wir haben keinerlei Pläne, unsere Dividende zu erhöhen." Markus Krebber, RWE-Vorstandsvorsitzender

Außerdem wolle RWE auch nicht von der Gas-Umlage profitieren, selbst wenn sie dem Konzern ab Oktober zustehen sollte, so Krebber. Mit der Umlage will die Bundesregierung Gas-Händler in der Energiekrise unterstützen.

Wie grün und sauber ist RWE wirklich?

Zum Kerngeschäft zählt RWE neben dem Energiehandel die Stromerzeugung aus Erdgas sowie aus erneuerbaren Energien wie Wind und Sonne. Nicht mehr zum Kerngeschäft zählen die Essener die Kohle- und Kernenergie. Dabei macht die weltweite Stromproduktion durch Kohle in Gigawattstunden noch 35 Prozent aus - die Kernenergie noch 7 Prozent.

Sonja Meister von der Umwelt- und Menschenrechtsorganisation urgewald kritisierte die Milliardengewinne des Konzerns am Donnerstag mit scharfen Worten: "Die hohen Gewinne fallen RWE förmlich in den Schoß." RWE sei Profiteur von Russlands Angriffskrieg und produziere noch immer mehr als zwei Drittel seines Stroms mit fossilen Energieträgern, so urgewald.

"Vor dem Hintergrund von zehntausenden Toten in der Ukraine und einer Energiekrise, die Millionen Menschen in die Energiearmut treibt, sind diese Milliarden geradezu obszön." Sonja Meister, urgewald

Auch Greenpeace kritisierte am Donnerstag RWE: Während der Konzern seine Zahlen vorstellte, protestierte die Umweltorganisation in Brake an der Unterweser gegen ein von RWE unterstütztes Gasbohrprojekt in Australien. In Brake werden derzeit Pipeline-Rohre für das umstrittene Projekt verladen.

Dieses Element beinhaltet Daten von Twitter. Sie können die Einbettung auf unserer Datenschutzseite deaktivieren.

Im Vergleich zu früheren Jahren ist RWE aber tatsächlich deutlich grüner geworden. Und die großen Energiekonzerne spielen bei der Energiewende eine erhebliche Rolle. RWE-Chef Krebber stellte sich der Kritik an seinem Konzern daher selbstbewusst entgegen: "Wenn RWE gutes Geld verdient, gewinnt die grüne Energiewelt."