Briefkasten des Heimatvereins Achenbach

Heimatverein Achenbach: Wurden 1,50-Euro-Kräfte ausgenutzt?

Stand: 10.11.2022, 20:16 Uhr

Eine ehemalige Mitarbeiterin erhebt Vorwürfe gegen den Heimatverein Achenbach: Er soll Langzeitarbeitslose ausgenutzt haben. Die Staatsanwaltschaft Siegen ermittelt bereits.

Von Fritz Sprengart

„Ich habe immer gedacht, wenn das Ganze in der Summe für gute Zwecke ist, dann ist es okay“, sagt Elisabeth Schneider und schaut etwas nachdenklich. Ein Jahr lang hat sie in der Weiterbildungsgesellschaft (WBG) des Heimatvereins Achenbach die 1,50-Euro-Kräfte verwaltet. Die WBG ist eine 100prozentige Tochtergesellschaft des Heimatvereins.

Agentur für Arbeit

Diese Stellen müssen vom Jobcenter Siegen genehmigt werden und unterliegen strengen Regeln. Sie dürfen bestehende Arbeitsplätze nicht verdrängen und sollen Langzeitarbeitslose bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt helfen.

Der Heimatverein hat 1,50-Euro-Kräfte in seinen Sozialkaufhäusern, in seiner Fahrradwerkstatt und rund um den Wanderweg in Achenbach beschäftigt. Alles gemeinnützige Arbeit, die nicht in Konkurrenz zum ersten Arbeitsmarkt steht.    

Keine Gemeinnützigkeit, dafür gewerbliche Kunden?

Elisabeth Schneider

Elisabeth Schneider

Im Alltag sollen diese Arbeitskräfte aber immer wieder sehr flexibel eingesetzt worden sein. „Der Ehrenamtler, der den Wanderweg betreut, hat sich immer beschwert, dass die Leute, die ihm dabei helfen sollten, nie da waren“, sagt Elisabeth Schneider. Statt Wegzeichen auszubessern, seien die 1,50 Euro-Kräfte in den Grünschnitt abkommandiert worden.

Hecken schneiden bei Firmen und Privatkunden statt gemeinnützige Wegepflege? Der kommissarische Leiter der Weiterbildungsgesellschaft des Heimatvereins sagt im Gespräch mit dem WDR eine Stellungnahme zu. Die kommt dann aber nicht.   

Das Jobcenter in Siegen hat die 1,50-Euro-Kräfte im Heimatverein genehmigt und auch betreut. Wären Unregelmäßigkeiten hier nicht aufgefallen? Die Geschäftsleitung will sich dazu nicht äußern. Mit Verweis auf das laufende Ermittlungsverfahren.

Kritikpunkt Kontrolle

Frau

Tamara Schmidt

Vor Ort überprüft wurde der Einsatz der 1,50-Euro-Kräfte angeblich überhaupt nicht. Das berichtet Tamara Schmidt. Sie hat etwa drei Jahre lang als Personalerin in der Weiterbildungsgesellschaft des Heimatvereins gearbeitet. „Ich wüsste nicht, dass die 1,50-Euro-Kräfte überhaupt mal kontrolliert wurden“, sagt sie. „In meiner gesamten Zeit gab es nur eine einzige Kontrolle. Das war eine Sicherheitsprüfung, die wir selbst bestellt hatten.“

Auch Tamara Schmidt bestätigt, dass die 1,50-Euro-Kräfte immer sehr unterschiedlich eingesetzt worden sein: "Da war nicht mehr unterteilt, was war für den Verein, was privat, was war für eine Firma."

Viele Vorwürfe gegen den Verein

Die Liste der Vowürfe gegen den Heimatverein ist mittlerweile lang: Es geht um sexuelle Übergriffe, Betrug, Schwarzarbeit und Steuerhinterziehung. Die Staatsanwaltschaft Siegen hat auch zu den neuen Vorwürfen Ermittlungen aufgenommen.