Wein gegen Handy: Münsteraner Wirt will mehr reden und weniger tippen

Lokalzeit Münsterland 13.06.2024 03:12 Min. Verfügbar bis 13.06.2026 WDR Von Ralf Czichowski

Wein gegen Handy: Münsteraner Wirt will mehr Reden und weniger Tippen

Stand: 13.06.2024, 17:44 Uhr

Restaurantbesitzer Vittorio Turco macht ein Angebot, das man kaum abschlagen kann: Wer sein Handy am Esstisch abgibt, bekommt dafür als Gegenleistung Wein oder alternativ italienisches Mineralwasser.

Von Ralf Czichowski

„Kennen Sie schon unsere Aktion Wein gegen Handy?“ In diesen Tagen wiederholt Vittorio Turco aus Münster-Nienberge diese Frage oft. Und oft hat er mit seinem Angebot auch Erfolg. Lassen sich die Gäste auf den Handy-Wein-Deal ein, kommen die Telefone in eine braune Papiertüte mit Tischnummer und verschwinden hinter der Theke. Dann sind die Menschen am Tisch ganz auf sich gestellt – plus Wein natürlich.

Das Handy als Störfaktor im Restaurant

In einer kurzen Pause steht Vittorio kurz vor seinem Restaurant "Della Mamma". Bei der Frage, warum er denn den Wein verteilt, kommt die Mamma ins Spiel: „Mamma hat uns früher auch nicht erlaubt, ein Handy am Tisch zu haben. Da mussten wir vernünftig essen und uns nicht mit anderen Sachen beschäftigen.“ Vernünftig essen bedeutet auf Italienisch natürlich gutes Essen und viel reden. Und genau das Reden vermisst Vittorio Turco in seinem Restaurant. Er erlebt das Smartphone als Konversations-Killer.

Zwei Personen trinken bei Tisch ein Glas Weißwein.

Das Paar genießt den Wein aufs Haus.

An einem 2er-Tisch in der Ecke sitzen Petra und Erwin – ein Paar, das sich für den Abend digital abgenabelt hat. Schon zum zweiten Mal. Petra lächelt begeistert: „Man hat viel mehr Zeit für seinen Partner.“ Also für Erwin. Er mag den Tisch ohne Handy auch.

Das gilt auch, wenn es der Nachbartisch ist. „Wir haben hier ganz oft Pärchen und die schweigen sich die ganze Zeit an. Die vergessen sogar in die Karte zu gucken und wenn die erste Bestellung aufgegeben werden soll, dann fällt denen ein ‚Ach ich muss ja noch in die Karte gucken!‘.“

Vor der Abgabe werden noch eben alle in Kenntnis gesetzt

Luca am Nachbartisch will sich noch von seinem Handy trennen, muss aber noch ganz schnell etwas tippen. „Ich muss meiner Frau noch schreiben, sonst habe ich nachher den Haussegen schiefhängen, wenn die zwei Stunden nix von mir gehört hat. Dann gibt’s eine Nackenschelle.

Ein Mann im Porträt

Vittorio Turco wartet auf seine Gäste.

Es gibt offensichtlich vieles, was einen zwingt, immer die Hand am Handy zu haben. Vittorio der Wirt kann von solchen Zwängen befreien, meint Qasam, der mit Luca am Tisch sitzt. „Ich hab ihn (Vittorio) als Ausrede. Ich kann jetzt sagen: Nö! Ich hab mich darauf eingelassen, mein Handy abgegeben. Er ist schuld!"

Freude über die Lautstärke im Lokal

Diese Schuld trägt Vittorio Turco sehr gelassen. Er hat sein Ziel erreicht: Im Saal wird viel gequatscht. Und auch die Mamma ist zufrieden, berichtet Turco: „Ich habe meiner Mutter von der Aktion erzählt und die findet das gut.“ 

Das Wort zum Abend kommt aber von einem jungen Mann, der mit einem Freund das "Dalla Mamma" verlässt: „Und wenn was ist… Ruf mich nicht an. Schick mir ´nen Brief.“ Das ist digitaler Detox 3.0.

Quelle:

  • WDR-Reporter vor Ort

Über das Thema berichtet der WDR am 13. Juni 2024 auch in der Lokalzeit Münsterland im Fernsehen um 19:30 Uhr.

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