Klimakrise: Kommunen wappnen sich gegen Hitze und Trockenheit

Stand: 14.12.2023, 18:05 Uhr

In Gronau könnte es schon bald sogennante Tiny Forests geben. Das sind Mini-Wälder in der Stadt, die für Schatten und Abkühlung sorgen. Denn die nächste große Hitzewelle kommt bestimmt. Darauf sollten Kommunen vorbereitet sein, sagt Tobias Kemper, Referent für Klimafolgenanpassung beim Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) im Interview mit wdr.de.

WDR Experten sagen, 2023 sei weltweit das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Wie sieht es im Münsterland aus?

Tobias Kemper vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW

Tobias Kemper hilft Kommunen bei der Klimaanpassung

Tobias Kemper Was wir definitiv sagen können, ist, dass es natürlich auch wieder ein zu warmes Jahr war, allerdings in den einzelnen Regionen auf einem unterschiedlichen Temperaturniveau. Das Rheinland und das Münsterland sind eher die wärmeren Regionen, die haben ein höheres Temperaturniveau. Die Mittelgebirgsregionen sind ein bisschen kühler, was natürlich an den Höhenlagen liegt. Die haben aber den gleichen Temperaturanstieg durch den Klimawandel zu verzeichnen. Das heißt: Seit Beginn der Wetteraufzeichnungen ist es überall in Nordrhein-Westfalen, also auch im Münsterland 1,6 Grad wärmer geworden.

WDR Und wie macht sich das bemerkbar?

Kemper Wir haben im Sommer mehr Hitzewellen, mehr heiße Tage, auch im Münsterland. In den dreißig Jahren von 1951 bis 1980 waren es im Durchschnitt pro Jahr vier heiße Tage über 30 Grad, in der aktuellen Periode von 1991 bis 2020 waren es neun, also fünf mehr. Das sind Durchschnittswerte. Tatsächlich ist jedes Jahr unterschiedlich. Es gibt Ausreißer nach unten und nach oben. Das sieht man sehr gut an den letzten beiden Jahren. 2021 hat es landesweit drei heiße Tage gegeben, 2022 waren es dann aber schon um die 20. Das zeigt, das Wetter wird extremer.

WDR Was raten Sie den Kommunen, wie sollen die mit den steigenden Temperaturen umgehen?

Kemper Es geht darum, dass wir die Städte klimagerecht umgestalten: weniger versiegeln, mehr entsiegeln, weniger Beton, mehr Grünflächen. Das können Tiny Forests sein, oder auch etwas größere Pocket Parks, wo sich Menschen auch aufhalten können. Auf jeden Fall auch Wasserflächen, sodass ich eine Verdunstungskühlung habe, die dann wiederum die Umgebungstemperatur mindert.

WDR Grund und Boden ist in Städten ein wertvolles Gut. Muss man da nicht Konflikte befürchten?

Kemper Natürlich gibt es in Großstädten einen gewissen Wohnungsdruck. Klar. Aber wir müssen unsere Städte umgestalten. Da sind Kompromisse gefragt. Letztendlich müssen wir in jedem Einzelfall entscheiden: macht Nachverdichtung an dieser Stelle Sinn, oder sollten wir es besser lassen? Zum Beispiel bei Frischluftschneisen, über die Kaltluft aus dem Umland in die Städte transportiert wird und die für Belüftung und Abkühlung sorgen. Die sollte man definitiv nicht zubauen. Also wenn ich plane und baue, sollte ich in der heutigen Zeit das Klimathema immer mitdenken.

WDR Wie vertraut sind die Kommunen in NRW mit diesem Thema?

Kemper Viele Kommunen in Nordrhein-Westfalen handeln danach, vor allem auch die Großstädte, wo die Probleme ja noch größer sind als in ländlichen Gebieten. Aber es bleibt noch viel zu tun.

Das Interview führte Petra Brönstrup.

Bisher erhielten Kommunen bei der Ausarbeitung von Klimaanpassungsstrategien Hilfe vom Deutschen Institut für Urbanisitik. In NRW übernimmt diese Aufgabe ab Januar 2024 die Koordinierungstelle Klimaschutz und Klimawandel beim Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen.

Klimakrise: Kommunen wappnen sich gegen Hitze und Trockenheit

Lokalzeit Münsterland 13.12.2023 04:45 Min. Verfügbar bis 13.12.2025 WDR Von Petra Brönstrup