Eigentlich sollte 2022 alles fertig sein. Das war die ursprüngliche Planung, als im Jahr 2012 mit der Verbreiterung, Vertiefung und den Brückenneubauten in Münster begonnen wurde. Doch dieses Ziel wurde weit verfehlt.
Die Verbreiterung des Kanalbetts fehlt zum größten Teil, und von acht Brücken, die neu gebaut werden sollen, fehlen noch fünf im Stadtgebiet Münster. Geplante Kosten für den Ausbau insgesamt: 170 Millionen Euro.
Kanalschiffer: In den Niederlanden wird schneller gebaut
Achim Schäfer fährt seit Jahren über Flüsse und Kanäle in Europa. Der Binnenschiffer sitzt auf der Fahrt durch Münster im Führerhaus seines Frachtschiffs und ist sauer: "Wir Binnenschiffer werden vergessen. Aber ohne Schifffahrt geht's in Deutschland nicht!" Der Dortmund-Ems-Kanal in Münster sei ein letztes Nadelöhr bei den Wasserstraßen.
Achim Schäfer ärgert sich über Ausbaugeschwindigkeit.
Die meisten Brücken seien noch zu niedrig, das Wasser nicht tief genug, kritisiert Schäfer, der 1.300 Tonnen Raps geladen hat: "Wenn ich vom Rhein aus durch die Stadtstrecke Münster fahre, kann ich maximal mit 1.300 Tonnen fahren. Wenn das fertig ausgebaut wäre, könnte ich mit 1.550 Tonnen fahren. Bei gleichen Personal- und Energiekosten!"
Die einzelne Tonne würde so günstiger werden, sagt er, weil er auf derselben Strecke mehr mitnehmen könnte. Damit würden auch die Verbraucher von günstigeren Preisen profitieren.
WSV: Personalmangel verzögert Kanalausbau
Die Wasserstraßenstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) ist zuständig für den Ausbau des Dortmund-Ems-Kanals in Münster. Verena Wenning vom WSV räumt ein, dass anfangs zu optimistisch geplant worden sei. Zusätzlich fehlen bis heute Mitarbeiter für ein so großes Projekt.
"Zuerst durften wir aufgrund von Stelleneinsparungen nicht nachbesetzen. Diese Stellen wurden ab 2020 dann teilweise wieder eingerichtet," so Wenning. Doch jetzt hat die WSV Probleme, genügend Ingenieure und Techniker für die freien Stellen zu finden - Fachkräftemangel, wie überall.
Kanalanwohner: Ausbau teilweise nicht nötig
Achim Specht wohnt direkt am Kanalufer. Früher hat er in einer Bürgerinitiative gegen den kompletten Kanalausbau gekämpft. Heute findet er die Erweiterung teilweise sinnvoll. Höhere Brücken und ein tieferes Fahrwasser seien nötig, damit größere Containerschiffe auch durch Münster fahren können, zeigt sich der Münsteraner kompromissbereit.
Mehr Platz für Binnenschiffer - doch wieviel genau?
Aber: Insgesamt soll der Kanal um etwa vier Meter verbreitert werden, in einer Kurve sollen es sogar 80 Meter werden - und damit fast doppelt so breit wie bisher. Der Grund: Sehr lange, zusammengesetzte Schubverbände und Großmotorschiffe sollen auch in der Kurve aneinander vorbeipassen. Dafür müssten hunderte Bäume gefällt werden.
Das hält Achim Specht für unnötig: "Das wurde auch damit begründet, dass hier demnächst 188 Meter lange Schubverbände durchfahren. Diese Schubverbände fahren hier jetzt schon durch. Man könnte den Verkehr über eine Ampellösung steuern. Die Verbreiterung ist meines Erachtens nicht notwendig."
Prognose: Verdoppelung des Schiffsverkehrs
Die Bauarbeiten ruhen aktuell weitestgehend.
Tatsächlich fuhren 2022 schon insgesamt 547 solcher Großschiffe durch Münster. Das sind durchschnittlich 1,5 pro Tag. Prognosen gehen davon aus, dass es bis 2030 etwa 1.000 im Jahr werden. Das wären dann durchschnittlich auch nur drei pro Tag.
An den Ausbauplänen hält die WSV dennoch in vollem Umfang fest. Das Ziel sei jetzt, den Dortmund-Ems-Kanal in Münster bis 2028 fertig auszubauen. Angesichts der noch anstehenden Arbeiten und des bisherigen Ausbautempos scheint das aber eher unrealistisch.
Über dieses Thema berichten wir am 31.08.2023 in der Lokalzeit Münsterland im WDR-Fernsehen.