Mieter in Bocholt protestieren gegen Räumung

02:44 Min. Verfügbar bis 19.05.2024

Wohnung für Prestigebau räumen? Mieter in Bocholt protestieren

Stand: 19.05.2023, 20:53 Uhr

In Bocholt haben Mieter erst aus den Medien erfahren, dass ihr Haus verkauft und geräumt werden soll. Das ärgert sie. Der Vermieter argumentiert: Er brauche das Geld für klimafreundliche Sanierungen.

Diana Essink saß mit ihrem Mann auf der Couch, als sie erfahren hat, dass ihr Zuhause verkauft werden soll. Beide waren am Handy, scrollten herum. Auf einmal sagte ihr Mann: "Guck mal, ist das unser Haus?" Sie hat es erst nicht geglaubt. Aber ihr Mann erkannte das Gebäude. "Verdammt", sagt Essink.

Auf dem Foto sind sechs Personen, die im Kreis an einem Tisch sitzen.

Diana Essink und die anderen Bewohner des Hauses sind sauer auf ihren Vermieter.

Essink und die anderen haben aus den Medien erfahren, was im Bauausschuss der Stadt Bocholt besprochen worden war: Das Grundstück in Bocholt, auf dem das achtstöckige Gebäude mit 32 Wohnungen steht, wird an einen Investor verkauft. Das Wohnhaus soll abgerissen werden. An gleicher Stelle soll ein Prestigebau entstehen: das höchste Haus Bocholts, ein extravaganter Entwurf eines niederländischen Architekturbüros.

"Das, was wir jetzt haben, kriegen wir nie wieder!" Diana Essink, Mieterin

Die Mieter wollen bleiben. Sie haben an der Wagenfeldstraße 7 bezahlbare Wohnungen mit netten Menschen nebenan. "Das ist nicht nur unser Zuhause, das ist ja unser Leben, unser kleines Dorf", sagt Essink. Die Mieter kennen sich, viele sind befreundet. Man könne es sich zwar auch woanders schön machen: "Aber das, was wir jetzt haben, kriegen wir nie wieder!"

Klimaneutralität: Heimbau braucht als 150 Millionen Euro

Von ihrem Vermieter, der Wohngenossenschaft Heimbau, haben sie erst einen Brief erhalten, als die Nachricht des Verkaufs längst da war. Wegen des laufenden Verkaufsprozesses, in dem die Heimbau dem Investoren Verschwiegenheit zugesichert habe, hätte man die Mieter nicht direkt über die Pläne informieren können, so der Vermieter. Nach der Bauausschusssitzung hätte man das aber direkt machen sollen, gesteht die Heimbau ein.

Wohnungen im neuen Gebäude teuer

Die Heimbau sieht sich in der Zwickmühle. Sie braucht das Geld aus dem Verkauf, um in andere Gebäude zu investieren: "Wir müssen als Bocholt Heimbau, um die Klimaneutralität unserer Gebäude zu erreichen, 150 bis 200 Millionen Euro bis 2045 investieren", sagt Chef Peter Hardeweg. Das Geld, das er hierfür brauche, müsse auch aus Verkäufen von Häusern kommen. Das Haus zu sanieren, wäre zu teuer, so die Heimbau.

Die Wohnungen im neuen Gebäude können sich die aktuellen Mieter nicht leisten. Die Heimbau will ihnen bei der Wohnungssuche helfen. Den Wunsch ihrer Bewohner, in der Nachbarschaft bleiben zu können, kann sie dabei wohl kaum erfüllen.