Kann eine App Bestatter:innen ersetzen?

Lokalzeit OWL 16.02.2024 03:16 Min. Verfügbar bis 16.02.2026 WDR Von Christina Joswig

Bielefelder entwickeln App für Trauerzeit

Stand: 16.02.2024, 09:00 Uhr

Die App soll bei den bürokratischen Aufgaben nach einem Trauerfall helfen. Damit folgen die Entwickler einem neuen Trend der Branche, der sich "Death Tech" nennt.

Von Christina Joswig

Für alles gibt es heutzutage Apps – selbst für das Geschäft mit dem Tod. Klingt makaber, wird aber immer populärer. Eine Bielefelder Firma hat die "Lebewohl App" entwickelt. Sie soll Menschen nach einem Trauerfall dabei helfen, anstehende Aufgaben zu organisieren.

Entscheidungen in kurzer Zeit treffen

Auf einem Bildschirm ist eine App zu sehen, die sich "Lebe Wohl App" nennt.

Wenn ein geliebter Mensch verstirbt, steht eigentlich die Trauer an erster Stelle. Doch gleichzeitig müssen viele Aufgaben erledigt werden: Totenschein ausstellen, Abmeldung bei Behörden, Witwenantrag. Auch für die Beerdigung und alles rund um die Trauerfeier müssen Entscheidungen getroffen werden.

An diesem Punkt will der Bielefelder App-Entwickler Alexander Martinschledde anknüpfen. "Ich habe keine Zeit, mir ein Buch zu bestellen. Gewisse Dinge muss ich binnen 36 Stunden geregelt haben", sagte der Entwickler. Sein Ansatz: Wer vorbereitet ist, hat später mehr Zeit zu trauern.

Digitale Angebote rund um den Tod werden mehr

Auf dem Markt hatten die Entwickler beobachtet, dass der Trend "Death Tech" aus Amerika in Deutschland Anklang findet. Immer mehr Apps beschäftigen sich mit dem Service rund um den Tod.

Zwei Männer sitzen an Computern und programmieren.

Die App bietet To-Do-Listen, Formulare und Trauerbegleitung. Außerdem stellt sie Links zusammen, die dabei helfen, den digitalen Nachlass zu regeln. Dabei geht es um Abo- oder Accountkündigungen.

Bestatter bieten mehr als Beerdigungen

Dass Menschen in Trauerzeiten besondere Unterstützung brauchen, wissen auch Timo Kampe und Ramona Döhrer. Sie sind Bestatter in Lemgo und sind für Trauernde oft eine der ersten Anlaufstellen. "Grundsätzlich sind, glaube ich, 99 Prozent in der Situation überfordert und in dem Moment froh, wenn sie begreifen, dass sie sich im Prinzip um nichts kümmern müssen", erzählt Ramona Döhrer.

Denn was die App macht, macht natürlich auch ein Bestatter. Er berät über die nächsten Schritte und übernimmt die bürokratischen Aufgaben. Beide können sich daher nicht vorstellen, dass ihr Beruf je durch eine App ersetzt wird. "Geborgenheit und Menschlichkeit sind das Wichtigste. Dass der Mensch spürt, dass da jemand ist, der sich Zeit nimmt", sagt Timo Kampe.

Tod werde weiterhin wenig thematisiert

Trotzdem stellen beide fest, dass in vielen Haushalten nicht über das Thema Tod gesprochen wird. Wenn die Menschen dann vor den Bestattern sitzen, wüssten sie häufig gar nicht, was der Verstorbene gewollt hätte, erzählen sie. Hier könne eine App dem Thema mehr Öffentlichkeit verleihen.

App-Entwickler Alexander Martinschledde und sein Team sehen sich als Ergänzung zum Bestatter, nicht als Ersatz. "Aber einschätzen zu können, welche Kosten da auf mich zukommen und welche Dinge man selber machen kann, um den Geldbeutel zu schonen, sind wichtige Punkte", erklärt er.

Quellen:
- Reporterin vor Ort

Über dieses Thema berichtete die Lokalzeit OWL am 16.02.2024 in der Lokalzeit OWL.