Weltbevölkerung knackt Acht-Milliardenmarke - was heißt das fürs Klima?

Stand: 15.11.2022, 12:17 Uhr

Statistisch gesehen leben ab heute acht Milliarden Menschen auf der Welt. Ein Ende des Bevölkerungswachstums ist nicht in Sicht. Was bedeutet das für den Klimaschutz?

Die Weltbevölkerung überschreitet am Dienstag die Schwelle von acht Milliarden Menschen. Das ist allerdings nur eine Schätzung. Weil es unmöglich ist, den Überblick über hunderttausende Geburten und Todesfälle pro Tag zu behalten, haben die Vereinten Nationen deshalb die Monatsmitte, den 15. November 2022, als offiziellen Tag ausgewählt.

Parallel zu diesem Menschheits-Meilenstein wird derzeit in Ägypten auf dem UN-Weltklimagipfel diskutiert, wie das Klima noch zu retten ist. Acht Milliarden - so viele Menschen haben nie zuvor auf unserem Planeten gelebt. Wie also muss Klimaschutz aussehen, der unseren ökologischen Fußabdruck möglichst klein hält? Aus dieser Gemengelage ergeben sich viele Fragen.

Warum gibt es heute drei Mal mehr Menschen als noch 1950?

Die UNO führt dieses Wachstum auf Verbesserungen der Gesundheitsversorgung, der Ernährung, der persönlichen Hygiene sowie Fortschritte in der Medizin zurück. Das Bevölkerungswachstum stelle jedoch auch die ärmsten Länder, die besonders hohe Geburtenraten aufweisen, vor gewaltige Herausforderungen.

Wo wächst die Bevölkerung besonders stark?

Das Bevölkerungswachstum ist ungleichmäßig auf der Welt verteilt: In Europa und Japan schrumpft die Bevölkerung. Gleichzeitig wächst sie in Indien und Afrika. Bis 2050 entfällt mehr als die Hälfte des Bevölkerungswachstums laut UNO allein auf die acht Staaten Indien, Nigeria, Ägypten, Demokratische Republik Kongo, Äthiopien, Pakistan, Philippinen und Tansania.

Die beiden bevölkerungsreichsten Staaten der Welt, China und Indien, werden nach Prognosen der UN voraussichtlich schon im nächsten Jahr die Plätze auf dem Podium tauschen. Indiens Gesamtbevölkerung wird demnach 2023 auf rund 1,4 Milliarden und bis 2050 auf 1,7 Milliarden anwachsen. Die chinesische Bevölkerung wird dagegen laut Prognose bis 2050 auf 1,3 Milliarden zurückgehen.

Wie entwickelt sich die Weltbevölkerung weiter?

Die Tendenz vorläufig weiterhin steigend, auch wenn sich das Bevölkerungswachstum verlangsamt hat. Es liegt derzeit bei weniger als einem Prozent pro Jahr. Unter Einberechnung der steigenden Lebenserwartung und der Anzahl von Frauen im gebärfähigen Alter prognostiziert die UNO ein Wachstum auf 8,5 Milliarden im Jahr 2030, auf 9,7 Milliarden 2050 und einen Höhepunkt von rund 10,4 Milliarden um das Jahr 2080 herum.

Professor Ottmar Edenhofer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung sagte am Dienstag dem ZDF, das Bevölkerungswachstum nehme ab, "weil in vielen Teilen der Welt Frauen gebildeter sind, weil sie sehr viel aktiver Familienplanung betreiben". Gleichberechtigung und Zugang zu Bildung seien die wichtigsten Wege, um das Bevölkerungswachstum zu begrenzen.

Verkraftet das Klima eine so große Bevölkerung?

Theoretisch ja, sagen Experten. Allerdings nur, wenn die Industrieländer ihren klimaschädlichen Konsum reduzieren. "Fast die Hälfte der globalen CO2-Emissionen werden von den zehn Prozent der Weltbevölkerung mit dem höchsten Einkommen verursacht, während der Beitrag der ärmsten Hälfte zu vernachlässigen ist", erklärte das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung.

Während die USA 14 Tonnen CO2-Äquivalent pro Kopf ausstoßen, sind es in der EU 7,2 und Indien liegt bei rund 2,4 Tonnen pro Kopf. Das Beispiel China zeigt, dass eine wachsende Wirtschaft und damit steigender Konsum zu mehr Umweltzerstörung führt. Hinzu kommt: Ausgerechnet viele ärmere Länder, die kaum zum Klimawandel beitragen, leiden am stärksten unter den Folgen.

Was ist zu tun?

"Wir können unsere Wirtschaft mit anderen Technologien betreiben", so Edenhofer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Er setzt dabei auf erneuerbare Energien und den effizienteren Umgang mit Rohstoffen. "Wir können Kreislaufwirtschaft betreiben." Alles das sei viel wichtiger, als auf das Bevölkerungswachstum zu schauen.

Unverzichtbar sei zum Beispiel ein weltweiter Kohleausstieg. Dabei müssten die Industrieländer die ärmeren Staaten finanziell unterstützen. Ein solcher Ausstieg halte die Tür zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels offen. "Wenn uns das nicht gelingt, dann wird diese Tür dazu unwiderruflich zugeschlagen."

Auch Frank Swiaczny vom Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung sieht die Aufgabe darin, das Wachstum der Weltbevölkerung mit nachhaltiger Entwicklung in Einklang zu bringen: "Mehr Menschen bedeuten dabei nicht zwangsläufig auch einen größeren ökologischen Fußabdruck."