Panzer für die Ukraine? Dafür wird Scholz kritisiert - und das denken die Deutschen
Stand: 21.01.2023, 18:45 Uhr
Deutschland habe versagt, sagt Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) - und meint damit die bislang nicht erfolgte Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine. Darum wird Bundeskanzler Scholz nicht nur von ihr kritisiert - und das denken Menschen in Deutschland.
Soll Deutschland Leopard 2-Panzer an die Ukraine liefern oder nicht? An dieser Frage kommt man aktuell nur schwer vorbei, wenn man die Nachrichten verfolgt. Und die Antwort auf die Frage scheint bei vielen Politikern und Militärexperten: Ja.
Deutschlands Verbündete, allen voran die USA, aber auch die Nato und zahlreiche Militärexperten drängen die Bundesregierung, der Ukraine die Panzer zu liefern, um sie im Kampf gegen Russland zu unterstützen.
Opposition wirft Bundesregierung "Verweigerungshaltung" vor
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) jedoch ist zurückhaltend und betont immer wieder, keine Alleingänge machen zu wollen. Auch die Ukraine-Konferenz am Freitag in Ramstein änderte diese Haltung nicht. Nach dem Treffen kündigte Deutschlands neuer Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) lediglich an, die Bestände von Leopard-Panzern für mögliche Lieferung zu prüfen.
Die Kritik der Opposition ließ nicht lange auf sich warten. Die CDU/CSU-Fraktion warf der Bundesregierung eine "Verweigerungshaltung" vor. "Dass der neue Verteidigungsminister seit heute prüfen lässt, ob Deutschland Leopard-Panzer liefern kann, ist völlig unverständlich. Warum ist das nicht schon längst geschehen?", sagte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Johann Wadephul (CDU).
Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), kritisierte ebenfalls die noch nicht getroffene Entscheidung der Bundesregierung zu Leopard-Panzerlieferungen. Zugleich rief sie am Samstag beim Landesparteitag der NRW-FDP in Bielefeld dazu auf, mit einer "folkloristischen Vorstellung" von Russland aufzuräumen. "In der Ostukraine steht nicht das Bolschoi-Ballett und tanzt Schwanensee", sagte Strack-Zimmermann. "Da stehen Soldaten, die morden, vergewaltigen, verschleppen und noch vieles Schreckliche mehr - foltern tun sie auch." Sie sei aber sicher, dass die Leopard-2 Panzer am Ende an die Ukraine geliefert würden.
Mützenich weist Kritik von Strack-Zimmermann zurück
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich wies derweil die Kritik von Strack-Zimmermann an Kanzler Scholz in der Kampfpanzer-Debatte mit scharfen Worten zurück. "Frau Strack-Zimmermann und andere reden uns in eine militärische Auseinandersetzung hinein. Dieselben, die heute Alleingänge mit schweren Kampfpanzern fordern, werden morgen nach Flugzeugen oder Truppen schreien", sagte Mützenich der Deutschen Presse-Agentur. "Eine Politik in Zeiten eines Krieges in Europa macht man nicht im Stil von Empörungsritualen oder mit Schnappatmung, sondern mit Klarheit und Vernunft."
Deutschland bereite sich darauf vor, indem Verfügbarkeit und Stückzahl dieser Panzer nun überprüft würden, so der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius.
Lindner fordert Prüfung weiterer Hilfen für die Ukraine
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sagte beim Landesparteitag der NRW-FDP, Pistorius habe seine volle Unterstützung als Finanzminister. "Ein neuer Verteidigungsminister ist aber auch eine neue Gelegenheit Deutschlands zu prüfen, was wir noch tun können, um der Ukraine in ihrem Kampf um Frieden und Freiheit zur Seite zu stehen." Lindner sagte allerdings nicht konkret, welche Hilfen er meinte.
Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil forderte in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" einen "Pakt mit der Rüstungsindustrie", um die Waffenproduktion zu beschleunigen.
Bevölkerung in Panzer-Frage gespalten
Während in der Politik die Antwort auf die Frage, ob Deutschland schweres Gerät an die Ukraine liefern soll, offenbar eindeutig ausfällt, ist die Meinung der Menschen im Land eher gespalten. Laut Deutschlandtrend - einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des ARD-Morgenmagazins - sind 46 Prozent der Bevölkerung für eine Lieferung von Leopard-Kampfpanzern, 43 Prozent aber dagegen.
Die Gründe dafür sind vielseitig, wie eine Umfrage des WDR im Haus der Geschichte zeigt. "Das ist nicht mein Krieg", argumentiert beispielsweise ein Mann gegen die Lieferung. "Und ich finde auch nicht, dass die Ukraine mich verteidigt." Eine Frau zeigt Verständnis, für die Menschen in der Ukraine, die Waffen brauchen, um sich zu verteidigen, fügt aber hinzu: "Ich persönlich habe Angst!"
Ein anderer Befragter hat ebenfalls Verständnis für das Zögern von Olaf Scholz, fügt dann aber hinzu "Ich selber, ich glaube, ich würde es machen!" Wiederum ein weiterer Teilnehmer der Umfrage beschreibt das Dilemma. "Die Russen können sich dann ja schon leicht provoziert fühlen. Aber wir müssen auf der anderen Seite helfen."
"Ich möchte mich nicht mit der Frage beschäftigen"
Sowohl der Deutschlandtrend als auch die nicht repräsentative Umfrage zeigen, dass die Meinung in Deutschland zur Lieferung von Leopard 2-Panzern an die Ukraine nicht so eindeutig ist, wie sie in den Medien derzeit häufig wirkt. Was auch damit zusammenhängen könnte, dass es einfacher ist, die Lieferung zu fordern, als über diese am Ende dann zu entscheiden.
Oder wie es ein junger Mann im Haus der Geschichte in Bonn ausdrückt: "Ich möchte mich nicht mit der Frage beschäftigen, ehrlich gesagt. Ich finde es schwierig, gerade als Politiker, da eine Meinung haben zu müssen."