Die Intensivstationen sind am Limit - das ist gerade Alltag. Jetzt hat zum ersten Mal ein ärztlicher Direktor aus Sachsen berichtet, dass Mitarbeiter entscheiden mussten, wer Sauerstoff bekommt.
Triage in Zittau durchgeführt?
Dr. Mathias Mengel ist ärztlicher Direktor an einer Klinik in Zittau im Landkreis Görlitz. Am Dienstagabend sprach er in einem Online-Bürgerforum über das Thema Triage, am Mittwoch hat er in einem Interview mit "t-online" bestätigt: "Wir waren in den vergangenen Tagen schon mehrere Male in der Situation, dass wir entscheiden mussten, wer Sauerstoff bekommt und wer nicht."
Auch der Deutschlandfunk-Korrespondent in Sachsen, Alexander Moritz, berichtet hierüber:
Ob tatsächlich bereits Triagen in Zittau durchgeführt werden mussten, ist bislang unklar. Das Klinikum Oberlausitzer Bergland schreibt am Mittwochmittag dazu in einer Presseerklärung: "Richtig ist, dass der Aufwuchs an Patienten mit COVID-19 sowohl zu hohen Auslastungen auf den extra eingerichteten Infektionsstationen, als auch in den Intensivstationen führt."
Es fehle vor allem an Personal. "Im Falle des Erreichens von Grenzen zur Aufnahme von Patienten in unseren Corona-Stationen würden diese an die umliegenden Krankenhäuser ausgeflogen werden", so das Klinikum.
Es gäbe Systeme, in denen Kliniken hinterlegen, welche Intensivkapazitäten sie noch zur Verfügung stellen können, erklärt Uwe Janssens gegenüber dem WDR. Er ist Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin. So könnten Mediziner erkennen, wo es noch freie Betten in der näheren Umgebung gibt - und Patienten verlegen.
Das habe man seinen Informationen nach auch in Sachsen getan. Es erschließe sich ihm nicht, was zu der "eklatanten Mitteilung" geführt habe. "Ich bin vorsichtig in der Bewertung, ob da eine Triage stattgefunden hat", sagt Janssens.
Arzt aus Sachsen: "Wir sind im Epizentrum"
Sachsen ist Corona-Hotspot mit hohen Inzidenz-Zahlen, in Görlitz liegt sie bei 532. "Wir sind im Epizentrum, manche Häuser nehmen gar nicht mehr auf." Von gut 1500 verfügbaren Intensivbetten in Sachsen sind noch 170 frei.
NRW weit entfernt von Triage
Auch in NRW ist die Lage an den Kliniken ernst, aber nicht ganz so angespannt wie in Sachsen. Laut DIVI-Intensivregister sind hier aktuell noch 820 reguläre Intensivbetten frei, von insgesamt 5.814.
NRW-Gesundheitsminister Laumann (CDU) warnte davor, Panik zu verbreiten. "Trotz einer starken Belastung der Krankenhäuser sind wir von einer Triage noch sehr, sehr weit entfernt", zitierte er am Dienstag im Landtag einen Aachener Medizin-Professor. "Wir müssen nicht entscheiden, wer eine lebensnotwendige Beatmung bekommt und wer nicht."
Mehr Intensivbetten als im Frühjahr
Laumann betonte, dass die Krankenhäuser besser aufgestellt seien, als während der ersten Welle im Frühjahr. Es gebe 30 Prozent mehr Intensivplätze mit Beatmung und mehr Möglichkeiten, über Rehakliniken Behandlungsplätze und Personal zu aktivieren.
Die Lage in NRW ist außerdem regional sehr unterschiedlich. Während einige Kliniken an der Belastungsgrenze sind, haben andere noch größere Kapazitäten. SPD und Grüne fordern deswegen, dass stärker zentral gesteuert wird, wie die Patienten verteilt werden.