Sperrstunde in NRW steht juristisch auf wackeligen Füßen

Stand: 17.10.2020, 18:24 Uhr

Für die Gastronomie sind die Zeiten schon schwierig genug. Und jetzt kommt es noch härter: NRW führt in Corona-Hotspots ab 23 Uhr eine Sperrstunde für die Gaststätten ein. Was juristisch auf wackeligen Füßen steht.

Um Punkt 23 Uhr ist Schluss. Dann müssen alle Gaststätten schließen. Zwar nicht überall in NRW, aber in den Kommunen, in denen die Corona-Neuinfektionszahlen in die Höhe schnellen.

Und in diesen Hotspots mit 50 oder mehr Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen sind inzwischen mehrere hunderttausend Menschen betroffen. Die verpflichtende Sperrstunde gilt dort bis 6 Uhr am nächsten Morgen. Das hat die NRW-Regierung am Freitag in Düsseldorf beschlossen.

Doch das ist ein schwerer Eingriff des Staates in das unternehmerische Handeln von Gastronomen. Aber wird die Regelung in NRW rechtlich überhaupt Bestand haben, nachdem das Berliner Verwaltungsgericht die Sperrstunde in der Bundeshauptstadt gekippt hat? "Das ist natürlich davon abhängig, ob hier in NRW genauso wie in Berlin die Gastronomen gegen die Sperrstunde vorgehen werden", sagt der Kölner Rechtsanwalt Christian Solmecke dem WDR. Mithilfe des einstweiligen Rechtsschutzes könnte die Sperrstunden-Regelung auch hier vorläufig durch ein Gericht durchkreuzt werden.

Düsseldorfer Wirte haben Klage angekündigt

Die erste Klage gegen die Sperrstunde kündigt sich bereits an. In Düsseldorf gilt seit Dienstagabend eine Sperrstunde von 1.00 bis 6.00 Uhr. Laut Branchenverband Dehoga will ein Wirt im Namen vieler Kollegen dagegen klagen.

Alkohol-Ausschankverbot statt Sperrstunde?

"Über die Verhängung einer Sperrstunde lässt sich juristisch streiten", so Solmecke. Zwar sei sie dazu geeignet, eine Infektionsgefahr zu verringern und die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen. "Allerdings kann man mit guten Gründen argumentieren, dass es ebenso effektive, dafür aber mildere Mittel zur Eindämmung der Pandemie gibt." So zum Beispiel ein Alkoholausschankverbot ab einer bestimmten Uhrzeit.

Ein solches Ausschankverbot hatte auch das Verwaltungsgericht Berlin ins Spiel gebracht. Die Sperrstunde für Berliner Bars und Kneipen halte einer rechtlichen Überprüfung nicht stand, hatten die Richter am Freitag erklärt. Auf die Beschwerde von elf Wirten hin hatte das Gericht die Sperrstunde aufgehoben. Der Berliner Senat legte jedoch umgehend Beschwerde ein. Kneipengänger und Nachtschwärmer konnten deshalb am Freitagabend zunächst nicht sicher sein, ob sie bis tief in die Nacht feiern können oder ob der Wirt sie um 23 Uhr zur Tür bittet.

Kein Bier und kein Longdrink zur späten Stunde

Nach dem Beschluss des Verwaltungsgerichts dürfen die Gastronomen auch länger Gäste bewirten, jedoch weiterhin nach 23 Uhr keinen Alkohol ausschenken. Treffen am Tresen sind damit auch zu fortgeschrittener Stunde möglich, nur eben nicht mit Bier oder Longdrink.

In NRW, aber auch in Hamburg, soll die Sperrstunden-Regelung am Samstag in Kraft treten und zunächst bis Ende Oktober gelten. Doch ob es sie tatsächlich so lange geben wird, ist derzeit ungewiss.