Die Europäische Kommission hat bereits Anfang September Impfstoffen von Biontech/Pfizer und Moderna die Zulassung erteilt, die auf die Omikron-Subvariante BA.1 angepasst sind. Vorangegangen war eine Freigabe der Vakzine durch die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA).
Was wurde bei den neuen Impfstoffen angepasst?
Anträge für Impfstoffe gegen den Omikron-Subtyp BA.1 gab es vom Mainzer Biotechnologie-Unternehmen Biontech und seinem US-Partner Pfizer sowie von dem US-Pharmakonzern Moderna. Es sind erneut mRNA-Impfstoffe, jedoch sind diese "bivalent".
Das bedeutet, dass zwei Komponenten berücksichtigt sind: Die Präparate sollen Schutz bieten sowohl vor dem ursprünglichen Sars-CoV-2 als auch vor den Omikron-Sublinien BA.1, BA.4 und BA.5. Die Impfstoffe enthalten jetzt also auch den mRNA-Code für die Spike-Proteine sowohl der ursprünglichen Variante also auch von BA.1, BA.4 und BA.5. Konkret prüft der Ausschuss laut EMA, ob Anforderungen an Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit erfüllt sind und ob ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis besteht.
Was bringt der neue Impfstoff?
Es lägen klinische Daten vor, das Präparat gegen BA.1 sei an mehreren Hundert Probanden getestet worden, sagt der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, Carsten Watzl. Die Antikörperreaktionen seien mit einer Kontrollgruppe verglichen worden, die ein viertes Mal den bisherigen Impfstoff bekommen hatte. "Gesehen hat man bei den Menschen mit dem angepassten Impfstoff deutlich mehr Antikörper gegen die Omikron-Variante - und zwar bei Jungen wie Alten wie bei Genesenen", sagte Watzl.
Der BA.4 und BA.5-Impfstoff ist bisher nur an Mäusen getestet worden. Die Laborwerte sehen laut Experten aber ebenfalls gut aus. Prozentangaben, wie es sie für die ersten Covid-19-Vakzine gegeben hatte, wurden diesmal nicht erhoben. Daten zum Schutz vor symptomatischer Infektion, schwerer Erkrankung und Tod sind erst aus der Anwendung zu erwarten. Angestrebt wird ein besserer Schutz vor Omikron - und hierbei vor allem vor der Erkrankung, denn ein Schutz vor der Infektion werde nach der Impfung wieder nur vorübergehend bestehen, sagte Watzl.
Auch Bundesgesundheitsminister Lauterbach gehe davon aus, dass ein Schutz vor Ansteckung zumindest für eine kurze Zeit gegeben sei. Immunologe Watzl warnte die Politik davor, mit den angepassten Impfstoffen falsche Hoffnungen zu wecken - auch damit könne man Corona nicht wegimpfen.
Wann erreichen die Impfstoffe die Arztpraxen?
Rund 14 Millionen Dosen des BA.1-Präparats von Biontech/Pfizer und Moderna sind schon da. NRW erwartet 2,8 Millionen Dosen - davon zwei Millionen Dosen des Biontech-Impfstoffs und 800.000 Dosen Moderna.
Das Impfen in den Praxen und Impfstellen in NRW hat schon begonnen. Kreise und Städte wurden vom Gesundheitsministerium des Landes aufgefordert, die vorhandenen "Vorhaltestrukturen" zur Impfung zu aktivieren und auf ein Drittel der geplanten maximalen Impfkapazitäten hochzufahren. So könnten demnächst wöchentlich rund 90.000 Impfungen durchgeführt werden, rechnet das Ministerium - ergänzend zu den Impfangeboten in Arztpraxen, Apotheken und Betrieben.
Wer sollte sich mit den neuen Vakzinen impfen lassen?
In einem Erlass ruft das NRW-Gesundheitsministerium die Impfstellen auf, Impfangebote besonders für vulnerable Personen und Menschen mit schlechterem Zugang zur hausärztlichen Versorgung vorzubereiten. Bislang empfehle die Stiko eine zweite Auffrischungsimpfung vor allem Bewohnern und Beschäftigten in Pflegeeinrichtungen und Menschen mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf in Einrichtungen der Eingliederungshilfe. Das NRW-Gesundheitsministerium, so heißt es, gehe derzeit davon aus, "dass die Stiko diese Empfehlung auch in Bezug auf die angepassten Impfstoffe fortschreiben wird". Bis zum 31. Oktober sollen die Auffrischungsimpfungen in den Einrichtungen der Pflege und der Eingliederungshilfe abgeschlossen sein.
Wie sind die Impfstoffe getestet worden?
In sozialen Medien taucht der Vorwurf auf, dass die neuen Impfstoffe nur an acht Mäusen getestet worden sein sollen. "Das stimmt nicht: Die beiden Impfstoffe, über deren Zulassung heute die EMA entschieden hat, wurden an Tieren und an mehreren hundert Menschen erprobt", sagt Christina Sartori aus der WDR-Wissenschaftsredaktion am Donnerstag.
Für die beiden Impfstoffe, die an die Omikron-Varianten BA.4 und BA.5 angepasst wurden, habe es jedoch tatsächlich keine neuen klinischen Studien gegeben. "Hier hat man auf die große Erfahrung mit den Vorgänger-Vakzinen zurückgegriffen und die neu angepassten Impfstoffe nicht noch einmal an Menschen erprobt, sondern nur an Tieren", so Sartori. Dieses Verfahren werde bei Grippeimpfstoffen schon länger angewendet.
Wie effektiv sind die neuen Impfstoffe?
Immunologe Watzl meint, man könne über den Nutzen bisher nur spekulieren - auch angesichts der nicht vorhersehbaren Entwicklung der vorherrschenden Varianten in den kommenden Monaten. Experten geben auch zu bedenken, dass der große Sprung in der Virusentwicklung zwischen dem Wildtyp und BA.1 lag, zwischen BA.1 und BA.4/BA.5 lägen viel weniger Mutationen.