Lauterbach: Corona-Selbsttests könnten Pandemie stoppen

Stand: 12.02.2021, 06:00 Uhr

Corona-Selbsttests für Zuhause – noch im Februar sollen sie auf den Markt kommen. Für den SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach aus Leverkusen überfällig, denn Selbsttests könnten Infektionsketten unterbrechen.

Die Impfungen gegen Covid-19 laufen in NRW, doch der Lockdown wurde nochmals verlängert. Schnelltests für Zuhause könnten mehr Freiheit im Alltag bedeuten, sagt der Leverkusener SPD-Bundestagsabgeordnete und Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach.

WDR: Herr Lauterbach, diesen Monat sollen Selbsttests für Zuhause auf den Markt kommen. Was kann das bringen?

Karl Lauterbach: Wenn sich die Bevölkerung regelmäßig selbst testen würde – zum Beispiel vor Besuchen bei Verwandten oder Freunden – dann würden Infektionsketten unterbrochen werden. Außerdem könnten Personen mit Symptomen sehr schnell Gewissheit haben. Positive Fälle könnten wir so früher entdecken als bisher.

WDR: Könnte die Pandemie so gestoppt werden?

Lauterbach: Grundsätzlich ja, wir haben aber zu wenige Tests dafür. Studien zeigen: Mit flächendeckenden Tests - zweimal pro Woche - könnte die Pandemie gestoppt werden. In Deutschland müssten dafür 160 Millionen Tests pro Woche durchgeführt werden. Wir haben aber gerade nur 45 Millionen Tests pro Monat zur Verfügung.

WDR: ... also einen Bruchteil dessen, was nötig wäre ...

Lauterbach: Das bedeutet: Im Schnitt kann jeder nur alle zwei Monate getestet werden.

WDR: Bedeutet also auch: Auch mit mehr Selbsttests sind keine Schritte zur Normalität möglich?

Lauterbach: Genau, wir haben einfach zu wenige davon. Die Hersteller sind nicht in der Lage, mehr zu produzieren. Und ein Aufbau neuer Werke würden zwischen fünf und acht Monate dauern. Das schaffen wir nicht mehr, bevor die breite Bevölkerung geimpft ist. Trotzdem bin ich dafür, dass wir mehr Tests einkaufen.

WDR: Warum?

Lauterbach: Wir werden die Pandemie in diesem Jahr nicht endgültig besiegen. Es wird mehr Varianten geben, wir werden neue Impfungen entwickeln müssen. Deswegen sind Schritte zur Normalität nur möglich, wenn wir noch mehr Testkapazitäten nutzen.

WDR: Wo müsste vor allem getestet werden?

Lauterbach: Am sinnvollsten sehe ich die Anwendung in Pflegeeinrichtungen, an Arbeitsplätzen und bei einer Öffnung auch an Schulen.

WDR: Nun ist die schrittweise Öffnung ja beschlossene Sache. Was genau könnten die Tests an Schulen bringen?

Lauterbach: Eine Studie zeigt: In den Schulen könnten sich Ausbrüche um mehr als 50 Prozent senken lassen, wenn Schülerinnen und Schüler einmal pro Woche getestet werden würden. Wenn man das mit Wechselunterricht kombinieren würde, senkt man das Risiko von Corona-Ausbrüchen in Schulen um 75 Prozent.

WDR: Experten äußern zum Teil Bedenken: Laien könnten die Tests nicht so gut durchführen wie medizinisches Personal. Dadurch könnten verfälschte Ergebnisse entstehen.

Lauterbach: Nein, das Gegenteil ist der Fall. Selbsttests sind grundsätzlich sehr zuverlässig. Es werden zwar nicht alle Fälle erkannt, die positiv sind, dafür aber fast alle, die ansteckend sind. Ich selbst setze Selbsttests regelmäßig ein und habe beobachtet, dass man selbst Kindern beibringen kann, wie sie Schnelltests richtig nutzen können.

Das Interview führte Christian Hoch.