Kann ich Weihnachten in der Kirche feiern - und wenn ja, wie? Das ist zumindest das Problem, vor dem Katholiken und Protestanten während der Pandemie stehen - wieder einmal.
Déjà-vu in der Adventszeit
Rückblick: 2020 waren die Inzidenzen so hoch, dass die Weihnachtsgottesdienste in den Kirchen fast verboten worden wären. Die Politiker beließen es dann bei Appellen: Die Gläubigen sollten zuhause bleiben und lieber online oder vor dem Fernseher beten.
Letzten Endes sollten dann aber die Kirchen selbst entscheiden, wer vor Ort mitfeiern durfte. Hauptsache, die Gläubigen halten sich an die AHA-Regeln. Viele Gemeinden entschieden sich dann gegen die Messe im Gotteshaus, feierten kurze Gottesdienste an der frischen Luft oder gingen gleich online.
Die Coronaschutzverordnung lässt den Kirchen viel Raum
Und 2021? Ist es in der Weihnachtszeit nicht viel anders. Denn in der neuen NRW-Coronaschutzverordnung steht nur, dass die Kirchen und Religionsgemeinschaften eigene Regelungen aufstellen dürfen, "die ein dieser Verordnung vergleichbares Schutzniveau sicherstellen". Das heißt zum Beispiel, dass der gemeinsame Gesang ohne Maske nur erlaubt ist, wenn alle geimpft, genesen oder getestet sind.
Im FAQ zur Coronaschutzverordnung steht ansonsten nichts darüber, welche Vorschriften für Gottesdienste gelten sollen - obwohl es dort genaue Angaben zum Beispiel über Kontaktbeschränkungen, Kapazitätsbeschränkungen in Stadien und den Zutritt zu Spielhallen gibt.
Ein bunter Flickenteppich
Denn der Staat will sich nicht einmischen, die Religionsfreiheit geht vor. Die Folge: Die Gemeinden haben freie Hand, solange sie ein Konzept vorlegen, das die Gläubigen vor Ansteckung schützen kann.
Die drei evangelischen Landeskirchen Rheinland, Westfalen und Lippe geben ihren Gemeinden entsprechende Empfehlungen: die Anwendung der 3G-Regeln, OP-Maskenpflicht außer am Sitzplatz bei Einhaltung des Mindestabstands, Gemeindegesang nur mit Maske.
Die westfälische Kirche rät im Blick auf den zu erwartenden großen Andrang an Heiligabend sogar zur Anwendung der 2G-Regel und zum Tragen von FFP2-Masken. Auch katholische Pfarreien wollen zu Weihnachten Gottesdienste unter 3G- oder 2G-Regeln anbieten.
Gläubige sind also gut beraten, sich vor dem Gottesdienstbesuch auf der Webseite ihrer Kirche zu informieren.
Unterschiedliche Regeln
Hier einige Beispiele, wie unterschiedlich Gemeinden die Vorschriften anwenden:
- Im Kölner Dom gilt an den Weihnachtsfeiertagen 3G, maximal 500 Menschen haben Zutritt.
- In der protestantischen Apostelkirche in Münster gibt es ein reduziertes Platzangebot. Gläubige müssen sich vorher angemeldet haben. Es gilt die 2G-Regel.
- In der katholischen Nikolauskirche, ebenfalls in Münster, gibt es eine 2-G-Regelung. Eine Reservierung wird empfohlen. Es soll auch Open Air-Gottesdienste ohne 2G-Regel geben.
- An der Paderborner Pfarrei Hl. Martin Schloss Neuhaus gilt ab dem dritten Advent die 2G-Regelung.
- Die Oberhausener Pfarrei Pankratius setzt auf die 3G-Regel. Die Platzzahl wird begrenzt, eine Anmeldung ist laut Webseite aber nicht nötig.
- Das Bistum Essen informiert auf der Internetseite weihnachten.bistum-essen.de über Ort und Zeit der Feiern und verlinkt auf coronabedingte Einlassregelungen.
- Im Bonner Münster gilt bei Christmetten und Festhochämtern 3G. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Alles wird live gestreamt.
- Im Rhein-Sieg-Dekanat ist in den Kirchen 3G angesagt. Gläubige müssen sich zudem anmelden. Bei manchen Gottesdiensten sind bereits alle Plätze belegt.
- Im Seelsorgebereich Sankt Augustin müssen sich Kirchgänger anmelden.
- "Wir feiern beide Heiligabend-Gottesdienste draußen auf dem Kirchplatz - bei Wind und Wetter", sagt Pfarrer Bernhard Speller von der reformierten Petri-Gemeinde in Minden.' Es gilt die 3G-Regel.
- Wer wegen Corona nicht in die Kirche gehen mag, kann auf dem YouTube-Kanal kirche.plus gleich fünf Gottesdienste aus Lippe nacheinander verfolgen.
Teilweise auch Null-G
Die Gemeinden sind also oft strenger, als die Kirchenoberen es empfehlen. Die Kehrseite: Manche bestehen darauf, dass man auch auf Null-G zurückfahren kann, wenn es nicht so viel Zulauf gibt - also mit Atemschutz und Abstand, aber ohne Impfung und Test. Begründung aus dem Bistum Münster: Man wolle allen die Kirchentür offen halten.
Ähnlich argumentiert auch eine Gruppe von freikirchlichen Gemeinden aus Ostwestfalen. Sie unterstützen die Initiative "Wir schließen niemanden aus" von verschiedenen Kirchen. Diese fordern, dass "der Zugang zum Gottesdienst für alle frei bleiben" müsse. Die Gemeinden machen weder den 2G- noch den 3G-Status zur Bedingung für die Teilnahme am Gottesdienst. In einer Erklärung der Initiative heißt es: "Das Motiv dieser Entscheidung ist nicht Auflehnung gegenüber der Obrigkeit, sondern allein der Gehorsam gegenüber dem Gebot unseres Herrn."
Zur Not wieder online
Und was, wenn die Kirchen doch wieder geschlossen und Präsenzgottesdienste abgesagt werden? Dann finden sie eben wieder online statt. Das ist für die Menschen schwer, meint Peter Iven von der Evangelischen Kirche im Rheinland.
Online-Gottesdienste sollten die Ausnahme bleiben, findet der Bonner Pfarrer Joachim Gerhardt. "Die Sehnsucht der Menschen nach einem Gottesdienst vor Ort ist groß", betont er.